Biblio : FREUD - FIXIERUNG

fixierung in den Gesammelten Werken von Sigmund Freud

Band I GW


Ein Fall von hypnotischer Heilung:

-        S 13

 Die durch Angst und Krankenpflege erschöpfte Mutter nimmt sich vor, ja keinen Laut über ihre Lippen zu bringen, um das Kind nicht in dem so spät eingetretenen Schlaf zu stören. In ihrer Erschöpfung erweist sich die begleitende Kontrastvorstellung, sie werde es doch tun, als die stärkere, gelangt zur Innervation der Zunge, welche zu hemmen der Vorsatz lautlos zu bleiben, vielleicht vergessen hatte, durchbricht den Verschluß der Lippen und erzeugt ein Geräusch, welches sich von nun an, zumal seit einer Wiederholung desselben Vorganges, für viele Jahre fixiert.

-        S 54 f 

En résumé, je pense qu'il est bien en accord avec notre vue générale sur l'hystérie, telle que nous l'avons pu former d'après l'enseignement de M . Charcot, que la lésion dans les paralysies hystériques ne consiste pas en autre chose que dans l'inaccessibilité de la conception de l'organe ou de la fonction pour les associations du moi conscient, que cette altération purement fonctionnelle (avec intégrité de la conception même) est causée par la fixation de cette conception dans une association subconsciente avec le souvenir du trauma et que cette conception ne devient pas libre et accessible tant que la valeur affective du trauma psychique n'a pas été éliminée par la réaction motrice adéquate ou par le travail psychique conscient.

 

Krankengeschichten

A Frau Emmy v. N

-        S 149 f

Ich nehme ferner an, daß es das Entsetzen über das wider Willen produzierte Geräusch ist, welches den Moment zu einem traumatisch wirksamen macht und dies Geräusch selbst als leibliches Erinnerungssymptom der ganzen Szene fixiert.

-        S 156

Wenn man auf den Mechanismus der pathologischen „fixen Idee" eingeht, findet man dieselbe begründet und gestützt durch so viele und intensiv wirkende Erlebnisse, daß man sich nicht wundern kann, wenn sie imstande ist, der suggerierten, wiederum nur mit einer gewissen Kraft ausgestatteten Gegenvorstellung erfolgreich Widerstand zu leisten.


Obsessions et Phobies

-        S 346

En d'autres cas l'idée aussi semble fixée, comme chez la fille de l'observation IV, qui poursuivait d'une haine incompréhensible les servantes de la maison en changeant pourtant de personne.

(Obs. IV. — Une fille qui, parfaitement saine d'esprit et très intelligente montrait une haine incontrôlable contre les servantes de la maison, qui s'était éveillée à l'occasion d'une servante effrontée, et s'était transmise depuis de fille en fille, jusqu'à rendre le ménage impossible. C'était un sentiment mêl é de haine et de dégoût. Elle donnait comme motif que les saletés de ces filles lui gâtaient son idée de l'amour. Redressement. — Cette fille avait été témoin involontaire d'un rendezvous amoureux de sa mère. Elle s'était caché le visage, bouché les oreilles et s'était donné la plus grande peine pour oublier la scène, qui la dégoûtait et l'aurait mise dans l'impossibilité de rester avec sa mère qu'elle aimait tendrement. Elle y réussit, mais la colère, de ce qu'on lui avait souillé l'image de l'amour, persista en elle, et à cet état émotif ne tarda pas à s'associer l'idée d'une personne pouvant remplacer la mère.)


Weitere Bemerkungen über die Abwehr-Neuropsychosen

-        S 391

Es gibt Fälle, in welchen man beobachten kann, wie sich der Zwang von der Vorstellung oder vom Affekt auf die Maßregel überträgt; andere, in denen der Zwang periodisch zwischen dem Wiederkehrsymptome und dem Symptom der sekundären Abwehr oszilliert; aber daneben noch Fälle, in denen überhaupt keine Zwangsvorstellung gebildet, sondern die verdrängte Erinnerung sogleich durch die scheinbar primäre Abwehrmaßregel vertreten wird. Hier wird mit einem Sprunge jenes Stadium erreicht, welches sonst erst nach dem Abwehrkampf den Verlauf der Zwangsneurose abschließt. Schwere Fälle dieser Affektion enden mit der Fixierung von Zeremoniellhandlungen, allgemeiner Zweifelsucht oder einer durch Phobien bedingten Sonderlingsexistenz.


Zur Ätiologie der Hysterie

-        S 453 

So hat in einem meiner Fälle der Umstand, daß das Kind abgerichtet wurde, mit seinem Fuß die Genitalien der Erwachsenen zu erregen, hingereicht, um Jahre hindurch die neurotische Aufmerksamkeit auf die Beine und deren Funktion zu fixieren und schließlich eine hysterische Paraplégie zu erzeugen.


Die Sexualität in der Ätiologie der Neurosen

-        S 512

Der Traum gehört nämlich in dieselbe Reihe psychopathologischer Bildungen wie die hysterische fixe Idee, die ZwangsVorstellung und die Wahnidee.


Über Deckerinnerungen

-        S 536

Das Kompromiß besteht hier darin, daß zwar nicht das betreffende Erlebnis selbst das Erinnerungsbild abgibt — hierin behält der Widerstand recht — wohl aber ein anderes psychisches Element, welches mit dem anstößigen durch nahe Assoziationswege verbunden ist; hierin zeigt sich wiederum die Macht des ersten Prinzips, welches bedeutsame Eindrücke durch die Herstellung von reproduzierbaren Erinnerungsbildern fixieren möchte. Der Erfolg des Konflikts ist also der, daß anstatt des ursprünglich berechtigten ein anderes Erinnerungsbild zustande kommt, welches gegen das erstere um ein Stück in der Assoziation verschoben ist.



Band II/III GW


I Die wissenschaftliche Literatur der Traumprobleme

            G Traumtheorien und Funktion des Traumes

-        S 85

« En somme le rêve est le produit de la pensée errante, sans but et sans direction, se fixant successivement sur les souvenirs, qui ont gardé assez d'intensité pour se placer sur sa route et l'arrêter au passage, établissant entre eux un lien tantôt faible et indécis, tantôt plus fort et plus serré, selon que V activité actuelle du cerveau est plus ou moins abolie par le sommeil. »


 V Das Traummaterial und die Traumquellen

            Das Rezente und das Indifferente im Traum

-        S 188

Wenn indifferente Eindrücke nur, solange sie rezent sind, in den Trauminhalt gelangen können, wie kommt es, daß wir im Trauminhalt auch Elemente aus früheren Lebensperioden vorfinden, die zur Zeit, da sie rezent waren — nach Strümpells Worten keinen psychischen Wert besaßen, also längst vergessen sein sollten, Elemente also, die weder frisch noch psychisch bedeutsam sind? Dieser Einwand ist voll zu erledigen, wenn man sich auf die Ergebnisse der Psychoanalyse bei Neurotikern stützt. Die Lösung lautet nämlich, daß die Verschiebung, welche das psychisch wichtige Material durch indifferentes ersetzt (für das Träumen wie für das Denken), hier bereits in jenen frühen Lebensperioden stattgefunden hat und seither im Gedächtnis fixiert worden ist. Jene ursprünglich indifferenten Elemente sind eben nicht mehr indifferent, seitdem sie durch Verschiebung die Wertigkeit vom psychisch bedeutsamen Material übernommen haben. Was wirklich indifferent geblieben ist, kann auch nicht mehr im Traume reproduziert werden.


Band IV GW


Zur Psychopathologie des Alltagslebens

            VIII Das Vergreifen

-        S 207 ff

Ich übernahm es einmal, die Ehe eines sehr intelligenten Mannes zu bessern, dessen Mißhelligkeiten mit seiner ihn zärtlich liebenden jungen Frau sich gewiß auf reale Begründungen berufen konnten, aber, wie er selbst zugab, durch diese nicht voll erklärt wurden. Er beschäftigte sich unablässig mit dem Gedanken der Scheidung, den er dann wieder verwarf, weil er seine beiden kleinen Kinder zärtlich liebte. Trotzdem kam er immer wieder auf den Vorsatz zurück und versuchte dabei kein Mittel, um sich die Situation erträglich zu gestalten. Solches Nichtfertigwerden mit einem Konflikt gilt mir als Beweis dafür, daß sich unbewußte und verdrängte Motive zur Verstärkung der miteinander streitenden bewußten bereit gefunden haben, und ich unternehme es in solchen Fällen, den Konflikt durch psychische Analyse zu beenden. Der Mann erzählte mir eines Tages von einem kleinen Vorfall, der ihn aufs äußerste erschreckt hatte. Er „hetzte" mit seinem älteren Kinde, dem weitaus geliebteren, hob es hoch und ließ es nieder und einmal an solcher Stelle und so hoch, daß das Kind mit dem Scheitel fast an den schwer herabhängenden Gasluster angestoßen wäre. Fast, aber doch eigentlich nicht oder gerade eben noch! Dem Kinde war nichts geschehen, aber es wurde vor Schreck schwindlig. Der Vater blieb entsetzt mit dem Kinde im Arme stehen, die Mutter bekam einen hysterischen Anfall. Die besondere Geschicklichkeit dieser unvorsichtigen Bewegung, die Heftigkeit der Reaktion bei den Eltern legten es mir nahe, in dieser Zufälligkeit eine Symptomhandlung zu suchen, welche eine böse Absicht gegen das geliebte Kind zum Ausdruck bringen sollte. Den Widerspruch gegen die aktuelle Zärtlichkeit dieses Vaters zu seinem Kinde konnte ich aufheben, wenn ich den Impuls zur Schädigung in die Zeit zurückverlegte, da dieses Kind das einzige und so klein gewesen war, daß sich der Vater noch nicht zärtlich für dasselbe zu interessieren brauchte. Dann hatte ich es leicht anzunehmen, daß der von seiner Frau wenig befriedigte Mann damals den Gedanken gehabt oder den Vorsatz gefaßt: Wenn dieses kleine Wesen, an dem mir gar nichts liegt, stirbt, dann bin ich frei und kann mich von der Frau scheiden lassen. Ein Wunsch nach dem Tode dieses jetzt so geliebten Wesens mußte also unbewußt weiterbestehen. Von hier ab war der Weg zur unbewußten Fixierung dieses Wunsches leicht zu finden. Eine mächtige Determinierung ergab sich wirklich aus der Kindheitserinnerung des Patienten, daß der Tod eines kleines Bruders, den die Mutter der Nachlässigkeit des Vaters zur Last legte, zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern mit Scheidungsandrohung geführt hatte. Der weitere Verlauf der Ehe meines Patienten bestätigte meine Kombination auch durch den therapeutischen Erfolg.

-        S 275

Auch die Wahl sogenannter „Lieblingszahlen" ist nicht ohne Beziehung auf das Leben der betreffenden Person und entbehrt nicht eines gewissen psychologischen Interesses. Ein Mann, der sich zu der besonderen Vorliebe für die Zahlen 17 und 19 bekannte, wußte nach kurzem Besinnen anzugeben, daß er mit 17 Jahren in die langersehnte akademische Freiheit, auf die Universität, gekommen, und daß er mit 19 Jahren seine erste große Reise und bald darauf seinen ersten wissenschaftlichen Fund gemacht. Die Fixierung dieser Vorliebe erfolgte aber zwei Lustren später, als die gleichen Zahlen zur Bedeutung für sein Liebesleben gelangten. — Ja, selbst Zahlen, die man anscheinend willkürlich in gewissem Zusammenhange besonders häufig gebraucht, lassen sich durch die Analyse auf unerwarteten Sinn zurückführen. So fiel es einem meiner Patienten eines Tages auf, daß er im Unmut besonders gern zu sagen pflegte: Das habe ich dir schon 17- bis 36mal gesagt, und er fragte sich, ob es auch dafür eine Motivierung gebe. Es fiel ihm alsbald ein, daß er an einem 27.Monatstag geboren sei, sein jüngerer Bruder aber an einem 26., und daß er Grund habe, darüber zu . klagen, daß das Schicksal ihm soviel von den Gütern des Lebens geraubt, um sie diesem jüngeren Bruder zuzuwenden. Diese Parteilichkeit des Schicksals stellte er also dar, indem er von seinem Geburtsdatum zehn abzog und diese zum Datum des Bruders hinzufügte. „Ich bin der Ältere und dennoch so verkürzt worden."

-        S 304 f

Das Unbewußte ist überhaupt zeitlos. Der wichtigste und auch befremdendste Charakter der psychischen Fixierung ist der, daß alle Eindrücke einerseits in der nämlichen Art erhalten sind, wie sie aufgenommen wurden, und überdies noch in all den Formen, die sie bei den weiteren Entwicklungen angenommen haben, ein Verhältnis, welches sich durch keinen Vergleich aus einer anderen Sphäre erläutern läßt. Der Theorie zufolge ließe sich also jeder frühere Zustand des Gedächtnisinhaltes wieder für die Erinnerung herstellen, auch wenn dessen Elemente alle ursprünglichen Beziehungen längst gegen neuere eingetauscht haben.

 

Band V GW


Über Psychotherapie

-        S 24

Diese Therapie ist also auf die Einsicht gegründet, daß unbewußte Vorstellungen — besser: die Unbewußtheit gewisser seelischer Vorgänge •— die nächste Ursache der krankhaften Symptome ist. Eine solche Überzeugung vertreten wir gemeinsam mit der französischen Schule (Janet), die übrigens in arger Schematisierung das hysterische Symptom auf die unbewußte idée fixe zurückführt.


Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie

I Die sexuellen Abirrungen

-        S 44, Fußnote 1

Wir haben bei allen untersuchten Fällen festgestellt, daß die später Invertierten in den ersten Jahren ihrer Kindheit eine Phase von sehr intensiver, aber kurzlebiger Fixierung an das Weib (meist an die Mutter) durchmachen, nach deren Überwindung sie sich mit dem Weib identifizieren und sich selbst zum Sexualobjekt nehmen, das heißt vom Narzißmus ausgehend jugendliche und der eigenen Person ähnliche Männer aufsuchen, die sie so lieben wollen, wie die Mutter sie geliebt hat. Wir haben ferner sehr häufig gefunden, daß angeblich Invertierte gegen den Reiz des Weibes keineswegs unempfindlich waren, sondern die durch das Weib hervorgerufene Erregung fortlaufend auf ein männliches Objekt transponierten. Sie wiederholten so während ihres ganzen Lebens den Mechanismus, durch welchen ihre Inversion entstanden war. Ihr zwanghaftes Streben nach dem Manne erwies sich als bedingt durch ihre ruhelose Flucht vor dem Weibe.

-        S 53

Ein gewisser Grad von solchem Fetischismus ist daher dem normalen Lieben regelmäßig eigen, besonders in jenen Stadien der Verliebtheit, in welchen das normale Sexualziel unerreichbar oder, dessen Erfüllung aufgehoben erscheint. „Schaff* mir ein Halstuch von ihrer Brust, Ein Strumpfband meiner Liebeslust!" (Faust) Der pathologische Fall tritt erst ein, wenn sich das Streben nach dem Fetisch über solche Bedingung hinaus fixiert und sich an die Stelle des normalen Zieles setzt, ferner wenn sich der Fetisch von der bestimmten Person loslöst, zum alleinigen Sexualobjekt wird.

-        S 65

Bei allen Neurotikern (ohne Ausnahme) finden sich im unbewußten Seelenleben Regungen von Inversion, Fixierung von Libido auf Personen des gleichen Geschlechts.

III Die Umgestaltung der Pubertät

-        S 113

Der Zusammenhang der Vorlust aber mit dem infantilen Sexualleben wird durch die pathogene Rolle, die ihr zufallen kann, bekräftigt. Aus dem Mechanismus, in dem die Vorlust aufgenommen ist, ergibt sich für die Erreichung des normalen Sexualzieles offenbar eine Gefahr, die dann eintritt, wenn an irgendeiner Stelle der vorbereitenden Sexualvorgänge die Vorlust zu groß, ihr Spannungsanteil zu gering ausfallen sollte. Dann entfällt die Triebkraft, um den Sexualvorgang weiter fortzusetzen, der ganze Weg verkürzt sich, die betreffende vorbereitende Aktion tritt an Stelle des normalen Sexualziels. Dieser schädliche Fall hat erfahrungsgemäß zur Bedingung, daß die betreffende erogene Zone oder der entsprechende Partialtrieb schon im infantilen Leben in ungewöhnlichem Maße zur Lustgewinnung beigetragen hatte. Kommen noch Momente hinzu, welche auf die Fixierung hinwirken, so entsteht leicht fürs spätere Leben ein Zwang, welcher sich der Einordnung dieser einen Vorlust in einen neuen Zusammenhang widersetzt. Solcherart ist in der Tat der Mechanismus vieler Perversionen, die ein Verweilen bei vorbereitenden Akten des Sexual Vorganges darstellen.

-        S 128

Man lernt daraus, daß die anscheinend nicht sexuelle Liebe zu den Eltern und die geschlechtliche Liebe aus denselben Quellen gespeist werden, das heißt, daß die erstere nur einer infantilen Fixierung der Libido entspricht.

-        S 129

Auch wer die inzestuöse Fixierung seiner Libido glücklich vermieden hat, ist dem Einfluß derselben nicht völlig entzogen.

 

Zusammenfassung

-        S 137

Jeder Schritt auf diesem langen Entwicklungswege kann zur Fixierungsstelle, jede Fuge dieser verwickelten Zusammensetzung Momente zum Anlaß der Dissoziation des Geschlechtstriebes werden, (…).

-        S 140

Was wir den „Charakter" eines Menschen heißen, ist zum guten Teil mit dem Material sexueller Erregungen aufgebaut und setzt sich aus seit der Kindheit fixierten Trieben, aus durch Sublimierung gewonnenen und aus solchen Konstruktionen zusammen, die zur wirksamen Niederhaltung perverser, als unverwendbar erkannter Regungen bestimmt sind.

-        S 144 f

Die Bedeutung aller frühzeitigen Sexualäußerungen wird durch einen psychischen Faktor unbekannter Herkunft gesteigert, den man derzeit freilich nur als eine psychologische Vorläufigkeit hinstellen kann. Ich meine die erhöhte Haftbarkeit oder Fixierbarkeit dieser Eindrücke des Sexuallebens, die man bei späteren Neurotikern wie bei Perversen zur Ergänzung des Tatbestandes hinzunehmen muß, da die gleichen vorzeitigen Sexualäußerungen bei anderen Personen sich nicht so tief einprägen können, daß sie zwangartig auf Wiederholung hinwirken und dem Sexualtrieb für alle Lebenszeit seine Wege vorzuschreiben vermögen. Vielleicht liegt ein Stück der Aufklärung für diese Haftbarkeit in einem anderen psychischen Moment, welches wir in der Verursachung der Neurosen nicht missen können, nämlich in dem Übergewicht, welches im Seelenleben den Erinnerungsspuren im Vergleich mit den rezenten Eindrücken zufallt. Dieses Moment ist offenbar von der intellektuellen Ausbildung abhängig und wächst mit der Höhe der persönlichen Kultur. Im Gegensatz hiezu ist der Wilde als das „unglückselige Kind des Augenblickes" charakterisiert worden.[1] (Fußnote. Möglicherweise ist die Erhöhung der Haftbarkeit auch der Erfolg einer besonders intensiven somatischen Sexualäußerung früherer Jahre.) Wegen der gegensätzlichen Beziehung zwischen Kultur und freier Sexualitätsentwicklung, deren Folgen weit in die Gestaltung unseres Lebens verfolgt werden können, ist es auf niedriger Kultur- oder Gesellschaftsstufe so wenig, auf höherer so sehr fürs spätere Leben bedeutsam, wie das sexuelle Leben des Kindes verlaufen ist. Die Begünstigung durch die eben erwähnten psychischen Momente kommt nun den akzidentell erlebten Anregungen der kindlichen Sexualität zugute. Die letzteren (Verführung durch andere Kinder oder Erwachsene in erster Linie) bringen das Material bei, welches mit Hilfe der ersteren zur dauernden Störung fixiert werden kann. Ein guter Teil der später beobachteten Abweichungen vom normalen Sexualleben ist so bei Neurotikern wie bei Perversen durch die Eindrücke der angeblich sexualfreien Kindheitsperiode von Anfang an festgelegt.


Bruchstücke einer Hysterie-Analyse 

-        S 189

Das Andrängen des erigierten Gliedes hat wahrscheinlich die analoge Veränderung an dem entsprechenden weiblichen Organ, der Clitoris, zur Folge gehabt und die Erregung dieser zweiten erogenen Zone ist durch Verschiebung auf die gleichzeitige Drucksensation am Thorax fixiert worden. Die Scheu vor Männern in möglicherweise sexuell erregtem Zustande folgt dem Mechanismus einer Phobie, um sich vor einer neuerlichen Wiederbelebung der verdrängten Wahrnehmung zu sichern.

-        S 244 ff

Uns winkt ein weiteres Verständnis der Symptome bei Dora, wenn wir die Bedeutung des von ihr eingestandenen Fluor albus ins Auge fassen. Das Wort „Katarrh", mit dem sie ihre Affektion bezeichnen lernte, als ein ähnliches Leiden der Mutter Franzensbad nötig machte, ist wiederum ein „Wechsel", welcher der ganzen Reihe von Gedanken über die Krankheitsverschuldung des Papas den Zugang zur Äußerung in dem Symptom des Hustens öffneten. Dieser Husten, der gewiß ursprünglich von einem geringfügigen realen Katarrh herstammte, war ohnedies Nachahmung des auch mit einem Lungenleiden behafteten Vaters und konnte ihrem Mitleid und ihrer Sorge für  ihn Ausdruck geben. Außerdem aber rief er gleichsam in die Welt hinaus, was ihr damals vielleicht noch nicht bewußt geworden war: „Ich bin die Tochter von Papa. Ich habe einen Katarrh wie er. Er hat mich krank gemacht, wie er die Mama krank gemacht hat. Von ihm habe ich die bösen Leidenschaften, die sich durch Krankheit strafen."

Wir können nun den Versuch machen, die verschiedenen Determinierungen, die wir für die Anfälle von Husten und Heiserkeit gefunden haben, zusammenzustellen. Zu unterst in der Schichtung ist ein realer, organisch bedingter Hustenreiz anzunehmen, das Sandkorn also, um welches das Muscheltier die Perle bildet. Dieser Reiz ist fixierbar, weil er eine Körperregion betrifft, welche die Bedeutung einer erogenen Zone bei dem Mädchen in hohem Grade bewahrt hat. Er ist also geeignet dazu, der erregten Libido Ausdruck zu geben. Er wird fixiert durch die wahrscheinlich erste psychische Umkleidung, die Mitleidsimitation für den kranken Vater und dann durch die Selbstvorwürfe wegen des „Katarrhs".

-        S 251 f

Noch einige Bemerkungen zur Synthese dieses Traumes. Die Traumarbeit nimmt ihren Anfang am Nachmittage des zweiten Tages nach der Szene im Walde, nachdem sie bemerkt, daß sie ihr Zimmer nicht mehr verschließen kann. Da sagt sie sich: Hier droht mir ernste Gefahr, und bildet den Vorsatz, nicht allein im Hause zu bleiben, sondern mit dem Papa abzureisen. Dieser Vorsatz wird traumbildungsfähig, weil er sich ins Unbewußte fortzusetzen vermag. Dort entspricht ihm, daß sie die infantile Liebe zum Vater als Schutz gegen die aktuelle Versuchung aufruft. Die Wendung, die sich dabei in ihr vollzieht, fixiert sich und führt sie auf den Standpunkt, den ihr überwertiger Gedankengang vertritt (Eifersucht gegen Frau K. wegen des Vaters, als ob sie in ihn verliebt wäre). Es kämpfen in ihr die Versuchung, dem werbenden Manne nachzugeben, und das zusammengesetzte Sträuben dagegen. Letzteres ist zusammengesetzt aus Motiven der Wohlanständigkeit und Besonnenheit, aus feindseligen Regungen infolge der Eröffnung der Gouvernante (Eifersucht, gekränkter Stolz, siehe unten) und aus einem neurotischen Elemente, dem in ihr vorbereiteten Stücke Sexualabneigung, welches auf ihrer Kindergeschichte fußt. Die zum Schutze gegen die Versuchung wachgerufene Liebe zum Vater stammt aus dieser Kindergeschichte.



Band VII GW


Der Wahn und die Träume

-        S 108

Wenn der Kranke so fest an seinen Wahn glaubt, so geschieht das nicht durch eine Verkehrung seines Urteilsvermögens, und rührt nicht von dem her, was am Wahne irrig ist. Sondern in jedem Wahn steckt auch ein Körnchen Wahrheit, (...) Die Überzeugung verschiebt sich gleichsam von dem unbewußten Wahren auf das mit ihm verknüpfte, bewußte Irrige und bleibt gerade infolge dieser Verschiebung dort fixiert.


Die kulturelle Sexualmoral und die moderne Nervosität

-        S 150

Man nennt diese Fähigkeit, das ursprünglich sexuelle Ziel gegen ein anderes, nicht mehr sexuelles, aber psychisch mit ihm verwandtes, zu vertauschen, die Fähigkeit zur Sublimierung. Im Gegensatze zu dieser Verschiebbarkeit, in welcher sein kultureller Wert besteht, kommt beim Sexualtrieb auch besonders hartnäckige Fixierung vor, durch die er unverwertbar wird und gelegentlich zu den sogenannten Abnormitäten entartet.

-        S 152

Es sind dies zunächst — abgesehen von den Personen mit überstarkem und unhemmbarem Sexualtrieb überhaupt — die verschiedenen Gattungen der Perversen, bei denen eine infantile Fixierung auf ein vorläufiges Sexualziel das Primat der Fortpflanzungsfunktion aufgehalten hat, und die Homosexuellen oder Invertierten, bei denen auf noch nicht ganz aufgeklärte Weise das Sexualziel vom entgegengesetzten Geschlecht abgelenkt worden ist.

 

Über infantile Sexualtheorien 

-        S 178

Wenn sich diese Vorstellung des Weibes mit dem Penis bei dem Kinde „fixiert", allen Einflüssen des späteren Lebens widersteht, und den Mann unfähig macht, bei seinem Sexualobjekt auf den Penis zu verzichten, so muß ein solches Individuum bei sonst normalem Sexualleben ein Homosexueller werden, seine Sexualobjekte unter den Männern suchen, die durch andere somatische und seelische Charaktere an das Weib erinnern.

 

Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben

-        S 256

„Es ist klar, daß das Wiwimachenlassen, wobei dem Kinde die Hose geöffnet und der Penis herausgenommen wird, für Hans lustbetont ist. Auf Spaziergängen ist es ja zumeist der Vater, der dem Kinde diese Hilfe leistet, was Anlaß zur Fixierung homosexueller Neigung auf den Vater gibt."

-        S 344

Ja, diese Hochschätzung des männlichen Gliedes wird zum Schicksal für die Homosexuellen. (...) Sie können den Penis bei der Person, die sie zum Sexualverkehre reizen soll, nicht entbehren und fixieren ihre Libido im günstigen Falle auf „das Weib mit dem Penis", den feminin erscheinenden Jüngling. Die Homosexuellen sind also Personen, welche durch die erogene Bedeutung des eigenen Genitales gehindert worden sind, bei ihrem Sexualobjekt auf diese Übereinstimmung mit der eigenen Person zu verzichten. Sie sind in der Entwicklung vom Autoerotismus zur Objektliebe an einer Stelle, dem Autoerotismus näher, fixiert geblieben.

-        S 348

Hans erkrankt eines Tages an Angst auf der Straße. Er kann noch nicht sagen, wovor er sich fürchtet, aber zu Beginn seines Angstzustandes verrät er auch dem Vater das Motiv seines Krankseins, den Krankheitsgewinn. Er will bei der Mutter bleiben, mit ihr schmeicheln; die Erinnerung, daß er auch von ihr getrennt war zur Zeit, als das Kind kam, mag, wie der Vater meint, zu dieser Sehnsucht beitragen. Bald erweist sich, daß diese Angst nicht mehr in Sehnsucht zurückzuübersetzen ist, er fürchtet sich auch, wenn die Mutter mit ihm geht. Unterdes erhalten wir Anzeichen von dem, woran sich die zur Angst gewordene Libido fixiert hat. Er äußert die ganz spezialisierte Furcht, daß ihn ein weißes Pferd beißen wird.

 

Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose

-        S 455

Der erste der beiden Konflikte entspricht dem normalen Schwanken zwischen Mann und Weib als Objekten der Liebeswahl, welches dem Kinde zuerst in der berühmten Frage nahe gebracht wird: Wen hast du lieber, Papa oder Mama? und das ihn dann durchs Leben begleitet trotz aller Verschiedenheiten in der Ausbildung der Empfindungsintensitäten und in der Fixierung der endgültigen Sexualziele.

 

 

Band VIII GW

 

Über Psychoanalyse

Erste Vorlesung

-        S 12

Diese Fixierung des Seelenlebens an die pathogenen Traumen ist einer der wichtigsten und praktisch bedeutsamsten Charaktere der Neurose.


Vierte Vorlesung

-        S 47 f

Noch vor der Pubertätszeit sind unter dem Einfluß der Erziehung äußerst energische Verdrängungen gewisser Triebe durchgesetzt und seelische Mächte, wie Scham, Ekel, Moral, hergestellt worden, welche diese Verdrängungen wie Wächter unterhalten. (...)  Es sind besonders die koprophilen, das heißt die mit den Exkrementen zusammenhängenden Lustregungen der Kindheit, welche von der Verdrängung am gründlichsten betroffen werden, und ferner die Fixierung an die Personen der primitiven Objektwahl.

-        S 48 f

Die Psychoanalyse läßt uns erkennen, daß überstarke Äußerung dieser Triebe in sehr frühen Zeiten zu einer Art von partieller Fixierung führt, die nun einen schwachen Punkt im Gefüge der Sexualfunktion darstellt. Stößt die Ausübung der normalen Sexualfunktion im reifen Leben auf Hindernisse, so wird die Verdrängung der Entwicklungszeit gerade an jenen Stellen durchbrochen, wo die infantilen Fixierungen stattgefunden haben.

-        S 51

Es ist unvermeidlich und durchaus normal, daß das Kind die Eltern zu Objekten seiner ersten Liebeswahl mache. Aber seine Libido soll nicht an diese ersten Objekte fixiert bleiben, sondern sie späterhin bloß zum Vorbild nehmen und von ihnen zur Zeit der definitiven Objektwahl auf fremde Personen hinübergleiten.

 

Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens

-        S 70

Diese eigentümlich bestimmte Objektwahl und das so sonderbare Liebesverhalten haben dieselbe psychische Abkunft wie im Liebesleben des Normalen, sie entspringen aus der infantilen Fixierung der Zärtlichkeit an die Mutter und stellen einen der Ausgänge dieser Fixierung dar.

-        S 74

Der von uns beschriebene Typus des männlichen Liebeslebens trägt die Spuren dieser Entwicklungsgeschichte an sich und läßt sich einfach verstehen als Fixierung an die Pubertätsphantasien des Knaben, die späterhin den Ausweg in die Realität des Lebens doch noch gefunden haben. Es macht keine Schwierigkeiten anzunehmen, daß die eifrig geübte Onanie der Pubertätsjahre ihren Beitrag zur Fixierung jener Phantasien geleistet hat.

-        S 79

Psychoanalytische Studien über die psychische Impotenz sind bereits von mehreren Autoren angestellt und veröffentlicht worden. Jeder Analytiker kann die dort gebotenen Aufklärungen aus eigener ärztlicher Erfahrung bestätigen. Es handelt sich wirklich um die hemmende Einwirkung gewisser psychischer Komplexe, die sich der Kenntnis des Individuums entziehen. Als allgemeinster Inhalt dieses pathogenen Materials hebt sich die nicht überwundene inzestuöse Fixierung an Mutter und Schwester hervor. Außerdem ist der Einfluß von akzidentellen peinlichen Eindrücken, die sich an die infantile Sexualbetätigung knüpfen, zu berücksichtigen und jene Momente, die ganz allgemein die auf das weibliche Sexualobjekt zu richtende Libido verringern.

-        S 80

Die „Zärtlichkeit" der Eltern und Pflegepersonen, die ihren erotischen Charakter selten verleugnet („das Kind ein erotisches Spielzeug"), tut sehr viel dazu, die Beiträge der Erotik zu den Besetzungen der Ichtriebe beim Kinde zu erhöhen und sie auf ein Maß zu bringen, welches in der späteren Entwicklung in Betracht kommen muß, besonders wenn gewisse andere Verhältnisse dazu ihren Beistand leihen. Diese zärtlichen Fixierungen des Kindes setzen sich durch die Kindheit fort und nehmen immer wieder Erotik mit sich, welche dadurch von ihren sexuellen Zielen abgelenkt wird.

-        S 81 f

(...) der allgemeine Mechanismus der Neurosenbildung in Wirksamkeit. Die Libido wendet sich von der Realität ab, wird von der Phantasietätigkeit aufgenommen (Introversion), verstärkt die Bilder der ersten Sexualobjekte, fixiert sich an dieselben. Das Inzesthindernis nötigt aber die diesen Objekten zugewendete Libido, im Unbewußten zu verbleiben. Die Betätigung der jetzt dem Unbewußten angehörigen sinnlichen Strömung in onanistischen Akten tut das Ihrige dazu, um diese Fixierung zu verstärken. Es ändert nichts an diesem Sachverhalt, wenn der Fortschritt nun in der Phantasie vollzogen wird, der in der Realität mißglückt ist, wenn in den zur onanistischen Befriedigung führenden Phantasiesituationen die ursprünglichen Sexualobjekte durch fremde ersetzt werden. Die Phantasien werden durch diesen Ersatz bewußtseinsfähig, an der realen Unterbringung der Libido wird ein Fortschritt nicht vollzogen.

Es kann auf diese Weise geschehen, daß die ganze Sinnlichkeit eines jungen Menschen im Unbewußten an inzestuöse Objekte gebunden oder, wie wir auch sagen können, an unbewußte inzestuöse Phantasien fixiert wird. Das Ergebnis ist dann eine absolute Impotenz, die etwa noch durch die gleichzeitig erworbene wirkliche Schwächung der den Sexualakt ausführenden Organe versichert wird.

-        S 83 f

Wir haben die psychische Impotenz reduziert auf das Nichtzusammentreffen der zärtlichen und der sinnlichen Strömung im Liebesleben und diese Entwicklungshemmung selbst erklärt durch die Einflüsse der starken Kindheitsfixierungen und der späteren Versagung in der Realität bei Dazwischenkunft der Inzestschranke. Gegen diese Lehre ist vor allem eines einzuwenden: sie gibt uns zu viel, sie erklärt uns, warum gewisse Personen an psychischer Impotenz leiden, läßt uns aber rätselhaft erscheinen, daß andere diesem Leiden entgehen konnten. Da alle in Betracht kommenden ersichtlichen Momente, die starke Kindheitsfixierung, die Inzestschranke und die Versagung in den Jahren der Entwicklung nach der Pubertät bei so ziemlich allen Kulturmenschen als vorhanden anzuerkennen sind, wäre die Erwartung berechtigt, daß die psychische Impotenz ein allgemeines Kulturleiden und nicht die Krankheit einzelner sei.

-        S 86

Ich stehe nicht an, die beiden bei der echten psychischen Impotenz wirksamen Momente, die intensive inzestuöse Fixierung der Kindheit und die reale Versagung der Jünglingszeit auch für dies so häufige Verhalten der kulturellen Männer im Liebesleben verantwortlich zu machen.

 

Eine Kindheitserinnerung des Leonardo Da Vinci

-        S 160

In den ersten drei oder vier Lebensjahren fixieren sich Eindrücke und bahnen sich Reaktionsweisen gegen die Außenwelt an, die durch kein späteres Erleben mehr ihrer Bedeutung beraubt werden können.

-        S 165 f

Mit der erst spät erworbenen Erkenntnis, daß das Weib keinen Penis besitzt, schlägt diese Sehnsucht oft in ihr Gegenteil um, macht einem Abscheu Platz, der in den Jahren der Pubertät zur Ursache der psychischen Impotenz, der Misogynie, der dauernden Homosexualität werden kann. Aber die Fixierung an das einst heißbegehrte Objekt, den Penis des Weibes, hinterläßt unauslöschliche Spuren im Seelenleben des Kindes, welches jenes Stück infantiler Sexualforschung mit besonderer Vertiefung durchgemacht hat. Die fetischartige Verehrung des weiblichen Fußes und Schuhes scheint den Fuß nur als Ersatzsymbol für das einst verehrte, seither vermißte Glied des Weibes zu nehmen; die „Zopfabschneider" spielen, ohne es zu wissen, die Rolle von Personen, die am weiblichen Genitale den Akt der Kastration ausführen.

-        S 170

Wir sagen, er findet seine Liebesobjekte auf dem Wege des Narzißmus, da die griechische Sage einen Jüngling Narzissus nennt, dem nichts so wohl gefiel wie das eigene Spiegelbild, und der in die schöne Blume dieses Namens verwandelt wurde. Tiefer reichende psychologische Erwägungen rechtfertigen die Behauptung, daß der auf solchem Wege homosexuell Gewordene im Unbewußten an das Erinnerungsbild seiner Mutter fixiert bleibt. Durch die Verdrängung der Liebe zur Mutter konserviert er dieselbe in seinem Unbewußten und bleibt von nun an der Mutter treu. Wenn er als Liebhaber Knaben nachzulaufen scheint, so läuft er in Wirklichkeit vor den anderen Frauen davon, die ihn untreu machen könnten.

-        S 205

Ein weit geringerer Anteil der Libido wird sexuellen Zielen zugewendet bleiben und das verkümmerte Geschlechtsleben des Erwachsenen repräsentieren. Infolge der Verdrängung der Liebe zur Mutter wird dieser Anteil in homosexuelle Einstellung gedrängt werden und sich als ideelle Knabenliebe kundgeben. Im Unbewußten bleibt die Fixierung an die Mutter und an die seligen Erinnerungen des Verkehrs mit ihr bewahrt, verharrt aber vorläufig in inaktivem Zustand. In solcher Weise teilen sich Verdrängung, Fixierung und Sublimierung in die Verfügung über die Beiträge, welche der Sexualtrieb zum Seelenleben Leonardos leistet.

 

Über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia

-        S 298 f

Ich habe in den „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" die Ansicht ausgesprochen, daß jede Entwicklungsstufe der Psychosexualität eine Möglichkeit der „Fixierung" und somit eine Dis - positionsstelle ergibt. Personen, welche nicht völlig vom Stadium des Narzißmus losgekommen sind, also dort eine Fixierung besitzen, die als Krankheitsdisposition wirken kann, sind der Gefahr ausgesetzt, daß eine Hochflut von Libido, die keinen andern Ablauf findet, ihre sozialen Triebe der Sexualisierung unterzieht und somit ihre in der Entwicklung gewonnenen Sublimierungen rückgängig macht. Zu einem solchen Erfolg kann alles führen, was eine rückläufige Strömung der Libido („Regression") hervorruft, sowohl auf der einen Seite eine kollaterale Verstärkung durch Enttäuschung beim Weibe, eine direkte Rückstauung durch Mißglücken in den sozialen Beziehungen zum Manne — beides Fälle der „Versagung", — als auch eine allgemeine Libidosteigerung, die zu gewaltig ist, als daß sie auf den bereits eröffneten Wegen Erledigung finden könnte, und die darum an der schwachen Stelle des Baues den Damm durchbricht. Da wir in unseren Analysen finden, daß die Paranoiker sich einer solchen Sexualisierung ihrer sozialen Triebbesetzungen zu erwehren suchen, werden wir zur Annahme gedrängt, daß die schwache Stelle ihrer Entwicklung in dem Stück zwischen Autoerotismus, Narzißmus und Homosexualität zu suchen ist, daß dort ihre, vielleicht noch genauer zu bestimmende Krankheitsdisposition liegt. Eine ähnliche Disposition müßten wir der Dementia praecox Kraepelins oder Schizophrenie (nach Bleuler ) über einen autobiographisch beschriebenen Fall von Paranoia zuschreiben und wir hoffen im weiteren Anhaltspunkte zu gewinnen, um die Unterschiede in Form und Ausgang der beiden Affektionen durch entsprechende Verschiedenheiten der disponierenden Fixierung zu begründen.

-        S 301

Ganz analog stellt sich die eifersüchtige Paranoia der Frauen her. Nicht ich liebe die Frauen — sondern er liebt sie. Die Eifersüchtige verdächtigt den Mann mit all den Frauen, die ihr selbst gefallen, infolge ihres überstark gewordenen, disponierenden Narzißmus und ihrer Homosexualität. In der Auswahl der dem Manne zugeschobenen Liebesobjekte offenbart sich unverkennbar der Einfluß der Lebenszeit, in welcher die Fixierung erfolgte \ es sind häufig alte, zur realen Liebe ungeeignete Personen, Auffrischungen der Pflegerinnen, Dienerinnen, Freundinnen ihrer Kindheit oder direkt ihrer konkurrierenden Schwestern.

-        S 303 ff

Wir haben in der Psychoanalytik die pathologischen Phänomene ganz allgemein aus der Verdrängung hervorgehen lassen. Fassen wir das „Verdrängung" Benannte schärfer ins Auge, so finden wir Anlaß, den Vorgang in drei Phasen zu zerlegen, die eine gute begriffliche Sonderling gestatten. 1) Die erste Phase besteht in der Fixierung, dem Vorläufer und der Bedingung einer jeden „Verdrängung". Die Tatsache der Fixierung kann dahin ausgesprochen werden, daß ein Trieb oder Triebanteil die als normal vorhergesehene Entwicklung nicht mitmacht und infolge dieser Entwicklungshemmung in einem infantileren Stadium verbleibt. Die betreffende libidinöse Strömung verhält sich zu den späteren psychischen Bildungen wie eine dem System des Unbewußten angehörige, wie eine verdrängte. Wir sagten schon, daß in solchen Fixierungen der Triebe die Disposition für die spätere Erkrankung liege, und können hinzufügen, die Determinierung vor allem für den Ausgang der dritten Phase der Verdrängung. 2) Die zweite Phase der Verdrängung ist die eigentliche Verdrängung, die wir bisher vorzugsweise im Auge gehabt haben. Sie geht von den höher entwickelten bewußtseinsfähigen Systemen des Ichs aus und kann eigentlich als ein „Nachdrängen" beschrieben werden. Sie macht den Eindruck eines wesentlich aktiven Vorganges, während sich die Fixierung als ein eigentlich passives Zurückbleiben darstellt. (...) Als dritte, für die pathologischen Phänomene bedeutsamste Phase ist die des Mißlingens der Verdrängung, des Durchbruchs, der Wiederkehr des Verdrängten anzuführen. Dieser Durchbruch erfolgt von der Stelle der Fixierung her und hat eine Regression der Libidoentwicklung bis zu dieser Stelle zum Inhalte. Die Mannigfaltigkeiten der Fixierung haben wir bereits erwähnt; es sind ihrer so viele als Stufen in der Entwicklung der Libido.

-        S 309

Daraus wollen wir schließen, daß die frei gewordene Libido bei der Paranoia zum Ich geschlagen, zur Ichvergrößerung verwendet wird. Damit ist das aus der Entwicklung der Libido bekannte Stadium des Narzißmus wieder erreicht, in welchem das eigene Ich das einzige Sexualobjekt war. Dieser klinischen Aussage wegen nehmen wir an, daß die Paranoischen eine Fixierung im Narzißmus mitgebracht haben, und sprechen wir aus, daß der Rückschritt von der sublimierten Homosexualität bis zum Narzißmus den Betrag der für die Paranoia charakteristischen! Regression angibt.

-        S 313

Es ist aber im ganzen nicht sehr wichtig, wie man Krankheitsbilder benennt. Wesentlicher erschiene es mir, die Paranoia als selbständigen klinischen Typus aufrecht zu halten, auch wenn ihr Bild noch so häufig durch schizophrene Züge kompliziert wird, denn vom Standpunkte der Libidotheorie ließe sie sich durch eine andere Lokalisation der disponierenden Fixierung und einen andern Mechanismus der Wiederkehr (Symptombildung) von der Dementia praecox sondern, mit welcher sie den Hauptcharakter der eigentlichen Verdrängung, die Libidoablösung mit Regression zum Ich, gemeinsam hätte.

-        S 314

Die disponierende Fixierung muß also weiter zurückliegen als die der Paranoia, im Beginn der Entwicklung, die vom Autoerotismus zur Objektliebe strebt, enthalten sein. Es ist auch keineswegs wahrscheinlich, daß die homosexuellen Anstöße, die wir bei der Paranoia so häufig, vielleicht regelmäßig finden, in der Ätiologie der weit uneingeschränkteren Dementia praecox eine ähnlich bedeutsame Rolle spielen. Unsere Annahmen über die disponierenden Fixierungen bei Paranoia und Paraphrenie machen es ohne weiteres verständlich, daß ein Fall mit paranoischen Symptomen beginnen und sich doch zur Demenz entwickeln kann, daß paranoide und schizophrene Erscheinungen sich in jedem Ausmaße kombinieren, daß ein Krankheitsbild wie das Schrebers zustande kommen kann, welches den Namen einer paranoischen Demenz verdient, durch das Hervortreten der Wunschphantasie und der Halluzinationen dem paraphrenen, durch den Anlaß, den Projektionsmechanismus und den Ausgang dem paranoiden Charakter Rechnung trägt. Es können ja in der Entwicklung mehrere Fixierungen zurückgelassen worden sein und der Reihe nach den Durchbruch der abgedrängten Libido gestatten, etwa die später erworbene zuerst und im weiteren Verlaufe der Krankheit dann die ursprüngliche, dem Ausgangspunkt näher liegende.

 

Über neurotische Erkrankungstypen

-        325 f

Die Rolle des Konflikts und der vorherigen Fixierung der Libido sind beim zweiten Typus ungleich augenfälliger als beim ersten [Versagung, Anmerkung Müllner], bei dem sich solche unbrauchbare Fixierungen eventuell erst infolge der äußeren Versagung herstellen mögen. Ein junger Mann, der seine Libido bisher durch Phantasien mit Ausgang in Masturbation befriedigt hatte und nun dieses dem Autoerotismus nahestehende Regime mit der realen Objektwahl vertauschen will, ein Mädchen, das seine ganze Zärtlichkeit dem Vater oder Bruder geschenkt hatte und nun für einen um sie werbenden Mann die bisher unbewußten, inzestuösen, Libidowünsche bewußt werden lassen soll, eine Frau, die auf ihre polygamen Neigungen und Prostitutionsphantasien verzichten möchte, um ihrem Mann eine treue Gefährtin und ihrem Kind eine tadellose Mutter zu werden: diese alle erkranken an den lobenswertesten Bestrebungen, wenn die früheren Fixierungen ihrer Libido stark genug sind, um sich einer Verschiebung zu widersetzen, wofür wiederum die Faktoren der Disposition, konstitutionelle Anlage und infantiles Erleben, entscheidend werden.

-        S 326 f

Die psychischen Vorgänge auf dem Wege zur Symptombildung sind beim zweiten Typus eher übersichtlicher als beim" ersten, da die pathogenen Fixierungen der Libido hier nicht erst herzustellen waren, sondern während der Gesundheit in Kraft bestanden hatten. Ein gewisses Maß von Introversion der Libido war meist schon vorhanden; ein Stück der Regression zum Infantilen wird dadurch erspart, daß die Entwicklung noch nicht den ganzen Weg zurückgelegt hatte. c) Wie eine Übertreibung des zweiten Typus, der Erkrankung an der Realforderung, erscheint der nächste Typus, den ich als Erkrankung durch Entwicklungshemmung beschreiben will. (...) Das Wesentliche des disponierenden Prozesses liegt in diesen Fällen klar zutage. Die Libido hat die infantilen Fixierungen niemals verlassen, die Realforderung tritt nicht plötzlich einmal an das ganz oder zum Teil gereifte Individuum heran, sondern wird durch den Tatbestand des Älterwerdens selbst gegeben, indem sie sich selbstverständlicherweise mit dem Alter des Individuums kontinuierlich ändert. Der Konflikt tritt gegen die Unzulänglichkeit zurück, doch müssen wir nach allen unseren sonstigen Einsichten ein Bestreben, die Kindheitsfixierungen zu überwinden, auch hier statuieren, sonst könnte niemals Neurose, sondern nur stationärer Infantilismus der Ausgang des Prozesses sein.

-        S 328

Wir werden auf solche Weise daran gemahnt, daß wir das quantitative Moment bei keiner Überlegung über Krankheitsveranlassung außer acht lassen dürfen. Alle anderen Faktoren, die Versagung, Fixierung, Entwicklungshemmung, bleiben wirkungslos, insofern sie nicht ein gewisses Maß der Libido betreffen und eine Libidostauung von bestimmter Höhe hervorrufen. Dieses Maß von Libido, das uns für eine pathogene Wirkung unentbehrlich dünkt, ist für uns freilich nicht meßbar; wir können es nur postulieren, nachdem der Krankheitserfolg eingetreten ist.

-        S 329

Es erübrigt noch, einige Worte über das Verhältnis dieser Typen zur Erfahrung zu sagen. Wenn ich die Anzahl von Kranken überblicke, mit deren Analyse ich gerade jetzt beschäftigt bin, so muß ich feststellen, daß keiner von ihnen einen der vier Erkrankungstypen rein realisiert. Ich finde vielmehr bei jedem ein Stück der Versagung wirksam neben einem Anteil von Unfähigkeit, sich der Realforderung anzupassen; der Gesichtspunkt der Entwicklungshemmung, die ja mit der Starrheit der Fixierungen zusammenfallt, kommt bei allen in Betracht, und die Bedeutung der Libidoquantität dürfen wir, wie oben ausgeführt, niemals vernachlässigen.

 

Schlußwort der Onaniediskussion

-        S 342

Jedenfalls haben wir es bei den Neurosen mit Fällen zu tun, in denen die Onanie Schaden gebracht hat. Dieser Schaden scheint sich auf drei verschiedenen Wegen durchzusetzen: a) als organische Schädigung nach unbekanntem Mechanismus, wobei die von Ihnen oft erwähnten Gesichtspunkte der Maßlosigkeit und der inadäquaten Befriedigung in Betracht kommen. b) auf dem Wege der psychischen Vorbildlichkeit, insoferne zur Befriedigung eines großen Bedürfnisses nicht die Veränderung der Außenwelt angestrebt werden muß. Wo sich aber eine ausgiebige Reaktion auf diese Vorbildlichkeit entwickelt, können die wertvollsten Charaktereigenschaften angebahnt werden. c) durch die Ermöglichung der Fixierung infantiler Sexualziele und des Verbleibens im psychischen Infantilismus. Damit ist dann die Disposition für den Verfall in Neurose gegeben.

Die Disposition zur Zwangsneurose

Ein Beitrag zum Problem der Neurosenwahl

-        S 442 f

Wir sind aufmerksam darauf geworden, daß die in Betracht kommenden psychischen Funktionen — vor allem die Sexualfunktion, aber ebenso verschiedene wichtige Ichfunktionen — eine lange und komplizierte Entwicklung durchzumachen haben, bis sie zu dem für den normalen Erwachsenen charakteristischen Zustand gelangen. Wir nehmen nun an, daß diese Entwicklungen nicht immer so tadellos vollzogen werden, daß die gesamte Funktion der fortschrittlichen Veränderung unterliege. Wo ein Stück derselben die vorige Stufe festhält, da ergibt sich eine sogenannte „Fixierungsstelle", zu welcher die Funktion im Falle der Erkrankung durch äußerliche Störung regredieren kann.

-        S 443 f

(...) die beiden anderen, von mir als Paraphrenie zusammengefaßten Psychoneurosen zeigen sich erst nach der Pubertät und im Alter der Reife. Diese zuletzt auftretenden Affektionen haben sich nun unserer Forschung nach den in die Neurosenwahl auslaufenden Dispositionen zuerst zugänglich erwiesen. Die ihnen beiden eigentümlichen Charaktere des Größenwahns, der Abwendung von der Welt der Objekte und der Erschwerung der Über* tragung haben uns zum Schlusse genötigt, daß deren disponierende Fixierung in einem Stadium der Libidoentwicklung vor der Herstellung der Objektwahl, also in der Phase des Autoerotismus und des Narzißmus zu suchen ist. Diese so spät auftretenden Erkrankungsformen gehen also auf sehr frühzeitige Hemmungen und Fixierungen zurück.

-        S 445

Die Patientin war bis zu ihrer Erkrankung eine glückliche, fast völlig befriedigte Frau gewesen. Sie wünschte sich Kinder aus Motiven infantiler Wunschfixierung und erkrankte, als sie erfuhr, daß sie von ihrem ausschließend geliebten Manne keine Kinder bekommen könne. Die Angsthysterie, mit welcher sie auf diese Versagung reagierte, entsprach, wie sie bald selbst verstehen lernte, der Abweisung von Versuchungsphantasien, in denen sich der festgehaltene Wunsch nach einem Kinde durchsetzte. Sie tat nun alles dazu, um ihren Mann nicht erraten zu lassen, daß sie infolge der durch ihn determinierten Versagung erkrankt sei. Aber ich habe nicht ohne gute Gründe behauptet, daß jeder Mensch in seinem eigenen Unbewußten ein Instrument besitzt, mit dem er die Äußerungen des Unbewußten beim anderen zu deuten vermag.

-        S 451

Wir wissen, daß die entwicklungsgeschichtliche Disposition für eine Neurose nur dann vollständig ist, wenn sie die Phase der Ichentwicklung, in welcher die Fixierung eintritt, ebenso berücksichtigt wie die der Libidoentwicklung. Unsere Aufstellung hat sich aber nur auf die letztere bezogen, sie enthält also nicht die ganze Kenntnis, die wir fordern dürfen. Die Entwicklungsstadien der Ichtriebe sind uns bis jetzt sehr wenig bekannt; ich weiß nur von einem vielversprechenden Versuch von Ferenczi, sich diesen Fragen zu nähern. Ich weiß nicht, ob es zu gewagt erscheint, wenn ich den vorhandenen Spuren folgend die Annahme ausspreche, daß ein zeitliches Voraneilen der Ichentwicklung vor der Libidoentwicklung in die Disposition zur Zwangsneurose einzutragen ist. Eine solche Voreiligkeit würde von den Ichtrieben her zur Objektwahl nötigen, während die Sexualfunktion ihre letzte Gestaltung noch nicht erreicht hat, und somit eine Fixierung auf der Stufe der prägenitalen Sexualordnung hinterlassen.


 

Band IX GW

 

Die Inzestscheu 

-        S 24

Die Psychoanalyse hat uns gelehrt, daß die erste sexuelle Objektwahl des Knaben eine inzestuöse ist, den verpönten Objekten, Mutter und Schwester, gilt, und hat uns auch die Wege kennen gelehrt, auf denen sich der Heranwachsende von der Anziehung des Inzests frei macht. Der Neurotiker repräsentiert uns aber regelmäßig ein Stück des psychischen Infantilismus, er hat es entweder nicht vermocht, sich von den kindlichen Verhältnissen der Psychosexualität zu befreien, oder er ist zu ihnen zurückgekehrt. (Entwicklungshemmung und Regression.) In seinem unbewußten Seelenleben spielen darum noch immer oder wiederum die inzestuösen Fixierungen der Libido eine Hauptrolle. Wir sind dahin gekommen, das vom Inzestverlangen beherrschte Verhältnis zu den Eltern für den Kernkomplex der Neurose zu erklären.

 

Das Tabu und die Ambivalenz der Gefühlsregungen

-        S 39 f

Zu allem Anfang, in ganz früher Kinderzeit, äußerte sich eine starke Berührungslust, deren Ziel weit spezialisierter war, als man geneigt wäre zu erwarten. Dieser Lust trat alsbald von außen ein Verbot entgegen, gerade diese Berührung nicht auszuführen. Das Verbot wurde aufgenommen, denn es konnte sich auf starke innere Kräfte stützen; es erwies sich stärker als der Trieb, der sich in der Berührung äußern wollte. Aber infolge der primitiven psychischen Konstitution des Kindes gelang es dem Verbot nicht, den Trieb aufzuheben. Der Erfolg des Verbotes war nur, den Trieb — die Berührungslust — zu verdrängen und ihn ins Unbewußte zu verbannen. Verbot und Trieb blieben beide erhalten; der Trieb, weil er nur verdrängt, nicht aufgehoben war, das Verbot, weil mit seinem Aufhören der Trieb zum Bewußtsein und zur Ausführung durchgedrungen wäre. Es war eine unerledigte Situation, eine psychische Fixierung geschaffen, und aus dem fortdauernden Konflikt von Verbot und Trieb leitet sich nun alles weitere ab. Der Hauptcharakter der psychologischen Konstellation, die so fixiert worden ist, liegt in dem, was man das ambivalente Verhalten des Individuums gegen das eine Objekt, vielmehr die eine Handlung an ihm, heißen könnte. Es will diese Handlung — die Berührung — immer wieder ausführen, es verabscheut sie auch.

-        S 41

Die Verbote haben sich nun von Generation zu Generation erhalten, vielleicht bloß infolge der Tradition durch elterliche und gesellschaftliche Autorität. Vielleicht aber haben sie sich in den späteren Organisationen bereits „organisiert" als ein Stück ererbten psychischen Besitzes. Ob es solche „angeborene Ideen" gibt, ob sie allein oder im Zusammenwirken mit der Erziehung die Fixierung der Tabu bewirkt haben, wer vermöchte es gerade für den in Rede stehenden Fall zu entscheiden? Aber aus der Festhaltung der Tabu ginge eines hervor, daß die ursprüngliche Lust, jenes Verbotene zu tun, auch noch bei den Tabuvölkern fortbesteht.

 

Animismus, Magie und Allmacht der Gedanken

-        S 109

Mit Rücksicht auf später zu beobachtende pathologische Fixierungen dieses Zustandes heißen wir das neue Stadium das des Narzißmus. Die Person verhält sich so, als wäre sie in sich selbst verliebt; die Ichtriebe und die libidinösen Wünsche sind für unsere Analyse noch nicht voneinander zu sondern.

 

Band X GW

 

Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung

-        S 56

In dieser Sexualtätigkeit der ersten Kinderjahre konnte endlich auch die mitgebrachte Konstitution zu ihrem Rechte kommen. Anlage und Erleben verknüpften sich hier zu einer unlösbaren ätiologischen Einheit, indem die Anlage Eindrücke zu anregenden und fixierenden Traumen erhob, welche sonst, durchaus banal, wirkungslos geblieben wären, und indem die Erlebnisse Faktoren aus der Disposition wachriefen, welche ohne sie lange geschlummert hätten und vielleicht unentwickelt geblieben wären.

 

Zur Psychologie des Gymnasiasten

-        S 206

Schon in den ersten sechs Jahren der Kindheit hat der kleine Mensch die Art und den Affektton seiner Beziehungen zu Personen des nämlichen und des anderen Geschlechts festgelegt, er kann sie von da an entwickeln und nach bestimmten Richtungen umwandeln, aber nicht mehr aufheben. Die Personen, an welche er sich in solcher Weise fixiert, sind seine Eltern und Geschwister. Alle Menschen, die er später kennen lernt, werden ihm zu Ersatzpersonen dieser ersten Gefühlsobjekte (etwa noch der Pflegepersonen neben den Eltern) und ordnen sich für ihn in Reihen an, die von den „Imagines", wie wir sagen, des Vaters, der Mutter, der Geschwister usw. ausgehen. Diese späteren Bekanntschaften haben also eine Art von Gefühlserbschaft zu übernehmen, sie stoßen auf Sympathien und Antipathien, zu deren Erwerbung sie selbst nur wenig beigetragen haben; alle spätere Freundschafts- und Liebeswahl erfolgt auf Grund von Erinnerungsspuren, welche jene ersten Vorbilder hinterlassen haben.

 

Triebe und Triebschicksale

-        S 215

Das Ziel eines Triebes ist allemal die Befriedigung, die nur durch Aufhebung des Reizzustandes an der Triebquelle erreicht werden kann. (...) Das Objekt des Triebes ist dasjenige, an welchem oder durch welches der Trieb sein Ziel erreichen kann. Es ist das variabelste am Triebe, nicht ursprünglich mit ihm verknüpft, sondern ihm nur infolge seiner Eignung zur Ermöglichung der Befriedigung zugeordnet. Es ist nicht notwendig ein fremder Gegenstand, sondern ebensowohl ein Teil des eigenen Körpers. Es kann im Laufe der Lebensschicksale des Triebes beliebig oft gewechselt werden; dieser Verschiebung des Triebes fallen die bedeutsamsten Rollen zu. Es kann der Fall vorkommen, daß dasselbe Objekt gleichzeitig mehreren Trieben zur Befriedigung dient, nach Alfred Adler der Fall der Triebverschränkung. Eine besonders innige Bindung des Triebes an das Objekt wird als Fixierung desselben hervorgehoben. Sie vollzieht sich oft in sehr frühen Perioden der Triebentwicklung und macht der Beweglichkeit des Triebes ein Ende, indem sie der Lösung intensiv widerstrebt.

-        S 230

Das Wort „lieben" rückt also immer mehr in die Sphäre der reinen Lustbeziehung des Ichs zum Objekt und fixiert sich schließlich an die Sexualobjekte im engeren Sinne und an solche Objekte, welche die Bedürfnisse sublimierter Sexualtriebe befriedigen.

 

Mitteilung eines Falles von Paranoia

-        S 246

Spürt man dem Ausgangspunkte dieser speziellen Trägheit nach, so enthüllt sie sich als die Äußerung von sehr frühzeitig erfolgten, sehr schwer lösbaren Verknüpfungen von Trieben mit Eindrücken und den in ihnen gegebenen Objekten, durch welche die Weiterentwicklung dieser Triebanteile zum Stillstand gebracht wurde. Oder, um es anders zu sagen, diese spezialisierte „psychische Trägheit " ist nur ein anderer, kaum ein besserer, Ausdruck für das, was wir in der Psychoanalyse eine Fixierung zu nennen gewohnt sind.

 

Die Verdrängung

-        S 250

Wir haben also Grund, eine Urverdrängung anzunehmen, eine erste Phase der Verdrängung, die darin besteht, daß der psychischen (Vorstellungs-) Repräsentanz des Triebes die Übernahme ins Bewußte versagt wird. Mit dieser ist eine Fixierung gegeben; die betreffende Repräsentanz bleibt von da an unveränderlich bestehen und der Trieb an sie gebunden. Dies geschieht infolge der später zu besprechenden Eigenschaften unbewußter Vorgänge.

 

Das Unbewußte

-        S 273

Wenn ein psychischer Akt (beschränken wir uns hier auf einen solchen von der Natur einer Vorstellung) die Umsetzung aus dem System Ubw in das System Bw (oder Vbw) erfährt, sollen wir annehmen, daß mit dieser Umsetzung eine neuerliche Fixierung, gleichsam eine zweite Niederschrift der betreffenden Vorstellung verbunden ist, die also auch in einer neuen psychischen Lokalität enthalten sein kann, und neben welcher die ursprüngliche unbewußte Niederschrift fortbesteht? Oder sollen wir eher glauben, daß die Umsetzung in einer Zustandsänderung besteht, welche sich an dem nämlichen Material und an derselben Lokalität vollzieht? Diese Frage kann abstrus erscheinen, muß aber aufgeworfen werden, wenn wir uns von der psychischen Topik, der psychischen Tiefendimension, eine bestimmtere Idee bilden wollen. Sie ist schwierig, weil sie über das rein Psychologische hinausgeht und die Beziehungen des seelischen Apparates zur Anatomie streift. Wir wissen, daß solche Beziehungen im Gröbsten existieren. Es ist ein unerschütterliches Resultat der Forschung, daß die seelische Tätigkeit an die Funktion des Gehirns gebunden ist wie an kein anderes Organ.



Band XI GW


Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse

X. Vorlesung, Die Symbolik im Traum

-        S. 170

[Freud bezieht sich hier auf den Sprachforscher H. Sperber(Upsala)]

Der Urmensch habe sich gleichsam die Arbeit annehmbar gemacht, indem er sie als Äquivalent und Ersatz der Geschlechtstätigkeit behandelte. Das bei der gemeinsamen Arbeit hervorgestoßene Wort habe so zwei Bedeutungen gehabt, den Geschlechtsakt bezeichnet wie die ihm gleichgesetzte Arbeitstätigkeit. Mit der Zeit habe sich das Wort von der sexuellen Bedeutung losgelöst und an diese Arbeit fixiert.


XVIII. Vorlesung, Die Fixierung an das Trauma, Das Unbewusste

-        S 282

Beide Patienten machen uns den Eindruck, als wären sie an ein bestimmtes Stück ihrer Vergangenheit fixiert, verständen nicht davon freizukommen, und seien deshalb der Gegenwart und der Zukunft entfremdet.

-        S 284

Aber in dem einen Punkt dürfen wir eine völlige Übereinstimmung hervorheben. Die traumatischen Neurosen geben deutliche Anzeichen dafür, daß ihnen eine Fixierung an den Moment des traumatischen Unfalles zu Grunde liegt. In ihren Träumen wiederholen diese Kranken regelmäßig die traumatische Situation; wo hysteriforme Anfälle vorkommen, die eine Analyse zulassen, erfährt man, daß der Anfall einer vollen Versetzung in diese Situation entspricht.

-        S 284

Diese Analogie muß uns dazu verlocken, auch jene Erlebnisse, an welche unsere Nervösen fixiert erscheinen, als traumatische zu bezeichnen. Auf solch Weise würde uns eine einfache Bedingung für die neurotische Erkrankung verheißen werden. Die Neurose wäre einer traumatischen Erkrankung gleichzusetzen und entstünde durch die Unfähigkeit, ein überstark affektbetontes Erlebnis zu erledigen.

-        S 285

Bemerken wir noch zum Thema der Fixierung an eine bestimmte Phase der Vergangenheit, daß ein solches Vorkommen weit über die Neurose hinausgeht. Jede Neurose enthält eine solche Fixierung, aber nicht jede Fixierung führt zur Neurose, fällt mit Neurose zusammen oder stellt sich auf dem Wege der Neurose her. Ein Mustervorbild einer affektiven Fixierung an etwas Vergangenes ist die Trauer, (...).

 

XXII. Vorlesung[1]  zur Einführung in die Psychoanalyse. Gesichtspunkte der Entwicklung und Regression, Ätiologie

-        S 353

Es liegt uns nahe anzunehmen, daß Fixierung und Regression nicht unabhängig voneinander sind. Je stärker die Fixierungen auf dem Entwicklungsweg, desto eher wird die Funktion den äußeren Schwierigkeiten durch Regression bis zu jenen Fixierungen ausweichen, desto widerstandsunfähiger erweist sich also die ausgebildete Funktion gegen äußere Hindernisse ihres Ablaufes. (...)

Es ist für Ihr Verständnis der Neurosen wichtig, daß Sie dies Verhältnis zwischen Fixierung und Regression nicht aus den Augen lassen. Sie gewinnen dann einen sicheren Halt in der Frage nach der Verursachung der Neurosen, in der Frage der Neurosenäthiologie, an welche wir bald herantreten werden.

 

XXII. Vorlesung. Gesichtspunkte der Entwicklung und Regression

-        S 359

Die wichtigste unter diesen Einschränkungen ist offenbar die in der Beweglichkeit der Libido, da sie die Befriedigung des Individuums von der Erreichung einer sehr geringen Anzahl von Zielen und Objekten abhängig macht. Erinnern Sie sich nur daran, daß eine unvollkommene Libidoentwicklung sehr ausgiebige, eventuell auch mehrfache Libidofixierungen an frühe Phasen der Organisation und Objektfindung hinterläßt, welche einer realen Befriedigung meist nicht fähig sind, so werden Sie in der Libidofixierung den zweiten mächtigen Faktor erkennen, der mit der Versagung zur Krankheitsverursachung zusammentritt.

-        S 361

Eine ebensolche „Klebrigkeit" der Libido — aus unbekannten Gründen — kommt nämlich unter zahlreichen Bedingungen beim Normalen vor und wird als bestimmendes Moment bei den Personen gefunden, welche in gewissem Sinne der Gegensatz der Nervösen sind, bei den Perversen."

-        S 365

Ein für uns wichtiger Gesichtspunkt ist es nun, wie sich das Ich verhält, wenn seine Libido an einer Stelle ihrer Entwicklung eine starke Fixierung hinterläßt. Es kann dieselbe zulassen und wird dann in dem entsprechenden Maß pervers oder, was dasselbe ist, infantil. Es kann sich aber auch ablehnend gegen diese Festsetzung der Libido verhalten, und dann hat das Ich dort eine Verdrängung, wo die Libido eine Fixierung erfahren hat.

 

XXIII. Vorlesung, Wege der Symptombildung

-        S 375

Sie sehen, das Ausweichen der Libido unter den Bedingungen des Konflikts ist durch das Vorhandensein von Fixierungen ermöglicht. Die regressive Besetzung dieser Fixierungen führt zur Umgehung der Verdrängung und zu einer Abfuhr — oder Befriedigung — der Libido, bei welcher die Bedingungen des Kompromisses eingehalten werden müssen. Auf dem Umwege über das Unbewußte und die alten Fixierungen ist es der Libido endlich gelungen, zu einer allerdings außerordentlich eingeschränkten und kaum mehr kenntlichen realen Befriedigung durchzudringen.(...) Wo findet nun die Libido die Fixierungen, deren sie zum Durchbruch der Verdrängungen bedarf? In den Betätigungen und Erlebnissen der infantilen Sexualität, in den verlassenen Partialbestrebungen und aufgegebenen Objekten der Kinderzeit. Zu ihnen kehrt die Libido also wieder zurück. Die Bedeutung dieser Kinderzeit ist eine zweifache, einerseits haben sich in ihr die Triebrichtungen zuerst gezeigt, die das Kind in seiner angeborenen Anlage mitbrachte, und zweitens sind durch äußere Einwirkungen, akzidentelle Erlebnisse, andere seiner Triebe zuerst geweckt, aktiviert worden.

-        S. 376

Die Libidofixierung des Erwachsenen, die wir als Repräsentanten des konstitutionellen Faktors in die ätiologische Gleichung der Neurosen eingeführt haben, zerlegt sich also jetzt für uns in zwei weitere Momente, in die ererbte Anlage und in die in der frühen Kindheit erworbene Disposition.

-        S 381

Ich habe Ihnen angekündigt, daß wir noch etwas Neues zu erfahren haben; es ist wirklich etwas Überraschendes und Verwirrendes. Sie wissen, durch die Analyse von den Symptomen aus kommen wir zur Kenntnis der infantilen Erlebnisse, an welche die Libido fixiert ist, und aus denen die Symptome gemacht werden. Nun, die Überraschung liegt darin, daß diese Infantilszenen nicht immer wahr sind. Ja, sie sind in der Mehrzahl der Fälle nicht wahr, und in einzelnen Fällen im direkten Gegensatz zur historischen Wahrheit.

-        S 382

Die Symptome sind also dann bald die Darstellung von Erlebnissen, die wirklich stattgefunden haben, und denen man einen Einfluß auf die Fixierung der Libido zuschreiben darf, und bald die Darstellung von Phantasien des Kranken, die sich zu einer ätiologischen Rolle natürlich gar nicht eignen. Es ist schwer, sich darin zurechtzufinden.

-        S 388

Wie findet die Libido ihren Weg zu diesen Fixierungsstellen? Nun, alle aufgegebenen Objekte und Richtungen der Libido sind noch nicht in jedem Sinne aufgegeben. Sie oder ihre Abkömmlinge werden noch mit einer gewissen Intensität in den Phantasievorstellungen festgehalten. Die Libido braucht sich also nur auf die Phantasien zurückzuziehen, um von ihnen aus den Weg zu allen verdrängten Fixierungen offen zu finden. Diese Phantasien erfreuten sich einer gewissen Duldung, es kam nicht zum Konflikt zwischen ihnen und dem Ich, so scharf auch die Gegensätze sein mochten, solange eine gewisse Bedingung eingehalten wurde. Eine Bedingung quantitativer Natur, die nun durch das Rückfluten der Libido auf die Phantasien gestört wird. Durch diesen Zuschuß wird die Energiebesetzung der Phantasien so erhöht, daß sie anspruchsvoll werden, einen Drang nach der Richtung der Realisierung entwickeln. Das macht aber den Konflikt zwischen ihnen und dem- Ich unvermeidlich. Ob sie früher vorbewußt oder bewußt waren, sie unterliegen jetzt der Verdrängung von Seiten des Ichs und sind der Anziehung von seiten des Unbewußten preisgegeben. Von den jetzt unbewußten Phantasien wandert die Libido bis zu deren Ursprüngen im Unbewußten, bis zu ihren eigenen Fixierungsstellen zurück.

 

XXVI. Vorlesung, Die Libidotheorie und der Narzissmus

-        S 431

Man sagt sich dann alsbald, wenn es eine solche Fixierung der Libido an den eigenen Leib und die eigene Person anstatt an ein Objekt gibt, so kann dies kein ausnahmsweises und kein geringfügiges Vorkommnis sein. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß dieser Narzißmus der allgemeine und ursprüngliche Zustand ist, aus welchem sich erst später die Objektliebe herausbildete, ohne daß darum der Narzißmus zu verschwinden brauchte.

-        S 437

Eins ist ganz bemerkenswert, daß wir für alle narzißtischen Neurosen; Fixierungsstellen der Libido annehmen müssen, welche in weit frühere Phasen der Entwicklung zurückreichen als bei der Hysterie oder der Zwangsneurose.


GW Band XII

 

Aus der Geschichte einer infantilen Neurose

-        S 135

Sehen wir näher zu, so müssen wir eigentlich bemerken, daß der Kranke in dieser Bedingung seiner Heilung nur die Situation der sogenannten Urszene wiederholt: Damals wollte er sich der Mutter unterschieben; das Kotkind hat er, wie wir längst vorher angenommen hatten, in jener Szene selbst produziert. Er ist noch immer fixiert, wie gebannt, an die Szene, die für sein Sexualleben entscheidend wurde, deren Wiederkehr in jener Traumnacht sein Kranksein eröffnete. Das Zerreißen des Schleiers ist analog dem Öffnen der Augen, dem Aufgehen der Fenster. Die Urszene ist zur Heilbedingung umgebildet worden. (...) Vom Vater geboren worden zu sein, wie er anfänglich gemeint hatte, von ihm sexuell befriedigt zu werden, ihm ein Kind zu schenken, dies unter Preisgebung seiner Männlichkeit und in der Sprache der Analerotik ausgedrückt: mit diesen Wünschen ist der Kreis der Fixierung an den Vater geschlossen, hiemit hat die Homosexualität ihren höchsten und intimsten Ausdruck gefunden.

 

Beiträge zur Psychologie des Alltagsleben

-        S 174

Es ist uns durch die Bemühungen der Analyse bekannt geworden, wie regelmäßig und wie mächtig die frühesten Unterbringungen der Libido sind. Es handelt sich dabei um festgehaltene Sexualwünsche der Kindheit, beim Weibe zumeist um Fixierung der Libido an den Vater oder an den ihn ersetzenden Bruder, Wünsche, die häufig genug auf anderes als den Koitus gerichtet waren oder ihn nur als unscharf erkanntes Ziel einschlössen.

Der Ehemann ist sozusagen immer nur ein Ersatzmann, niemals der Richtige; den ersten Satz auf die Liebesfähigkeit der Frau hat ein anderer, in typischen Fällen der Vater, er höchstens den zweiten. Es kommt nun darauf an, wie intensiv diese Fixierung ist und wie zähe sie festgehalten wird, damit der Ersatzmann als unbefriedigend abgelehnt werde.

 

Ein Kind wird geschlagen

-        S  200:

Eine der Komponenten der Sexualfunktion sei den anderen in der Entwicklung voran- geeilt, habe sich vorzeitig selbständig gemacht, sich fixiert und dadurch den späteren Entwicklungsvorgängen entzogen, damit aber ein Zeugnis für eine besondere, anormale Konstitution der Person gegeben.

-        S 201:

Man war hiebei allerdings auf eine Schranke unseres Verständnisses gestoßen, denn den fixierenden Eindrücken fehlte jede traumatische Kraft, sie waren zumeist banal und für andere Individuen nicht aufregend; man konnte nicht sagen, warum sich das Sexualstreben gerade an sie fixiert hatte. Aber man konnte ihre Bedeutung darin suchen, daß sie eben der voreiligen und sprungbereiten Sexualkomponente den, wenn auch zufälligen, Anlaß zur Anheftung geboten hatten, und man mußte ja darauf vorbereitet sein, daß die Kette der Kausal Verknüpfung irgendwo ein vorläufiges Ende finden werde. Gerade die mitgebrachte Konstitution schien allen Anforderungen an einen solchen Haltepunkt zu entsprechen.

 

Das Unheimliche

-        S 245

Fußnote: Die Schlagephantasie und andere analoge perverse Fixierungen wären dann auch nur Niederschläge des Ödipuskomplexes, gleichsam Narben nach dem abgelaufenen Prozeß, geradeso wie die berüchtigte „Minderwertigkeit" einer solchen narzißtischen Narbe entspricht.

 

Über die Psychogenese eines Falles weiblicher Homosexualität

-        S 277

Wo die Rücksicht auf geliebte Eltern und Angehörige den Versuch zur Heilung motiviert hat, da liegt der Fall etwas anders. Es sind dann wirklich libidinöse Strebungen vorhanden, die zur homosexuellen Objektwahl gegensätzliche Energien entwickeln können, aber deren Kraft reicht selten aus. Nur wo die Fixierung an das gleichgeschlechtliche Objekt noch nicht stark genug geworden ist, oder wo sich erhebliche Ansätze und Reste der heterosexuellen Objektwahl vorfinden, also bei noch schwankender oder bei deutlich bisexueller Organisation, darf die Prognose der psychoanalytischen Therapie günstiger gestellt werden.

-        S 298

Wer das Recht der Erwerbung in der Ätiologie nicht verkürzt sehen will, wird aufmerksam machen, daß das geschilderte Verhalten des Mädchens gerade so war, wie es durch die vereinte Wirkung der mütterlichen Zurücksetzung und der Vergleichung ihrer Genitalien mit denen des Bruders bei starker Mutterfixierung bestimmt werden mußte. Auch hier besteht eine Möglichkeit, etwas auf Prägung durch frühzeitig wirksamen äußeren Einfluß zurückzuführen, was man gern als konstitutionelle Eigenart aufgefaßt hätte. U n d auch von dieser Erwerbung — wenn sie wirklich stattgefunden hat — wird ein Anteil auf Rechnung der mitgebrachten Konstitution zu setzen sein.


GW Band XIII

 

Jenseits des Lustprinzip 

-        S 10

Nun zeigt das Traumleben der traumatischen Neurose den Charakter, daß es den Kranken immer wieder in die Situation seines Unfalles zurückführt, aus der er mit neuem Schrecken erwacht. Darüber verwundert man sich viel zu wenig. Man meint, es sei eben ein Beweis für die Stärke des Eindruckes, den das traumatische Erlebnis gemacht hat, daß es sich dem Kranken sogar im Schlaf immer wieder aufdrängt. Der Kranke sei an das Trauma sozusagen psychisch fixiert. Solche Fixierungen an das Erlebnis, welches die Erkrankung ausgelöst hat, sind uns seit langem bei der Hysterie bekannt. Breuer und Freud äußerten 1895: Die Hysterischen leiden großenteils an Reminiszenzen. Auch bei den Kriegsneurosen haben Beobachter wie Ferenczi und Simmel manche motorische Symptome durch Fixierung an den Moment des Traumas erklären können.

 

Massenpsychologie und Ich-Analyse

-        S 139

Die Fixierung der Libido an das Weib, die Möglichkeit der Befriedigung ohne Aufschub und Aufspeicherung machte der Bedeutung zielgehemmter Sexualstrebungen ein Ende und ließ den Narzißmus immer zur gleichen Höhe ansteigen. Auf diese Beziehung der Liebe zur Charakterbildung werden wir in einem Nachtrag zurückkommen.

 

Einige neurotische Mechanismen bei Eifersucht usw. 

-        S 204

Homosexualität. (...) Wir haben verschiedene Faktoren kennen gelernt, die wahrscheinlich in wechselnder Stärke zu diesem Ergebnis beitragen. Zunächst die Mutterfixierung, die den Übergang zu einem anderen Weibobjekt erschwert. Die Identifizierung mit der Mutter ist ein Ausgang dieser Objektbindung und ermöglicht es gleichzeitig, diesem ersten Objekt in gewissem Sinne treu zu bleiben. Sodann die Neigung zur narzißtischen Objektwahl, die im Allgemeinen näher liegt und leichter auszuführen ist als die Wendung zum anderen Geschlecht.

 

Psychoanalyse und Libidotheorien

-        S 222

Aber die Leistung der Verdrängung versagt an den Sexualtrieben besonders leicht. Deren aufgestaute Libido schafft sich vom Unbewußten her andere Auswege, indem sie auf frühere Entwicklungsphasen und Objekteinstellungen regrediert und dort, wo sich infantile Fixierungen vorfinden, an den schwachen Stellen der Libidoentwicklung zum Bewußtsein und zur Abfuhr durchbricht.

  

Das Ich und das Es 

-        S 279

Man sagt, bei diesen Personen hat nicht der Genesungswille, sondern das Krankheitsbedürfnis die Oberhand. Analysiert man diesen Widerstand in gewohnter Weise, zieht die Trotzeinstellung gegen den Arzt, die Fixierung an die Formen des Krankheits- gewinnes von  ihm ab, so bleibt doch das meiste noch bestehen und dies erweist sich als das stärkste Hindernis der Wiederherstellung, stärker als die uns bereits bekannten der narzißtischen Unzugänglichkeit, der negativen Einstellung gegen den Arzt und des Haftens am Krankheitsgewinne.

 

Bemerkungen zur Theorie und Praxis der Traumdeutung

-        S 312

Aus dem Traum eines Mädchens mit starker Vaterfixierung, welches sich in der Analyse schwer ausspricht: Sie sitzt im Zimmer mit einer Freundin, nur mit einem Kimono bekleidet. Ein Herr kommt herein, vor dem sie sich geniert. Der Herr sagt aber: „Das ist ja das Mädchen, das wir schon einmal so schön bekleidet gesehen haben." — Der Herr bin ich, in weiterer Zurückführung der Vater. Mit dem Traum ist aber nichts zu machen, so lange wir uns nicht entschließen, in der Rede des Herrn das wichtigste Element durch seinen Gegensatz zu ersetzen: „Das ist das Mädchen, das ich schon einmal unbekleidet und dann so schön gesehen habe." Sie hat als Kind von drei bis vier Jahren eine Zeitlang im selben Zimmer mit dem Vater geschlafen und alle Anzeichen deuten darauf hin, daß sie sich damals im Schlaf aufzudecken pflegte, u m dem Vater zu gefallen. Die seitherige Verdrängung ihrer Exhibitionslust motiviert heute ihre Verschlossenheit in der Kur, ihre Unlust, sich enthüllt zu zeigen.

 

Eine Teufelsneurose im 17. Jahrhundert

-        S 352

Eine nicht real zu befriedigende Libidostauung schafft sich mit Hilfe der Regression zu alten Fixierungen Abfluß durch das verdrängte Unbewußte. Soweit das Ich des Kranken aus diesem Vorgang einen Krankheitsgewinn ziehen kann, läßt es die Neurose gewähren, deren ökonomische Schädlichkeit doch keinem Zweifel unterliegt.



Band XIV GW


Notiz über den Wunderblock

-        S 3

Wenn ich meinem Gedächtnis mißtraue, der Neurotiker tut dies bekanntlich in auffälligem Ausmaße, aber auch der Normale hat allen Grund dazu — so kann ich dessen Funktion ergänzen und versichern, indem ich mir eine schriftliche Aufzeichnung mache. Die Fläche, welche diese Aufzeichnung bewahrt, die Schreibtafel oder das Blatt Papier, ist dann gleichsam ein materialisiertes Stück des Erinnerungsapparates, den ich sonst unsichtbar in mir trage. Wenn ich mir nur den Ort merke, an dem die so fixierte „Erinnerung" untergebracht ist, so kann ich sie jederzeit nach Belieben „reproduzieren" und bin sicher, daß sie unverändert geblieben, also den Entstellungen entgangen ist, die sie vielleicht in meinem Gedächtnis erfahren hätte.


Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds

-        S 23 f

Im analogen Falle, wenn der kleine Knabe die Genitalgegend des Mädchens zuerst erblickt, benimmt er sich unschlüssig, zunächst wenig interessiert, er sieht nichts, oder er verleugnet seine Wahrnehmung, schwächt sie ab, sucht nach Auskünften, um sie mit seiner Erwartung in Einklang zu bringen. Erst später, wenn eine Kastrationsdrohung auf ihn Einfluß gewonnen hat, wird diese Beobachtung für ihn bedeutungsvoll werden; ihre Erinnerung oder Erneuerung regt einen fürchterlichen Affektsturm in ihm an und unterwirft ihn dem Glauben an die Wirklichkeit der bisher verlachten Androhung. Zwei Reaktionen werden aus diesem Zusammentreffen hervorgehen, die sich fixieren können und dann jede einzeln oder beide vereint oder zusammen mit anderen Momenten sein Verhältnis zum Weib dauernd bestimmen werden: Abscheu vor dem verstümmelten Geschöpf oder triumphierende Geringschätzung desselben.

 

Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds

-        S 27 f

Vom Ödipus-Komplex war bisher nicht die Rede, hatte auch soweit keine Rolle gespielt. Nun aber gleitet die Libido des Mädchens — man kann nur sagen: längs der vorgezeichneten symbolischen Gleichung Penis = Kind — in eine neue Position. Es gibt den Wunsch nach dem Penis auf, um den Wunsch nach einem Kinde an die Stelle zu setzen, und nimmt in dieser Absicht den Vater zum Liebesobjekt. Die Mutter wird zum Objekt der Eifersucht, aus dem Mädchen ist ein kleines Weib geworden. Wenn ich einer vereinzelten analytischen Erhebung glauben darf, kann es in dieser neuen Situation zu körperlichen Sensationen kommen, die als vorzeitiges Erwachen des weiblichen Genitalapparates zu beurteilen sind. Wenn diese Vaterbindung später als verunglückt aufgegeben werden muß, kann sie einer Vateridentifizierung weichen, mit der das Mädchen zum Männlichkeitskomplex zurückkehrt und sich eventuell an ihm fixiert.

  

 Selbstdarstellung

-        S 61

Ich nannte die Energie der Sexualtriebe — und nur diese — Libido. Ich mußte nun annehmen, daß die Libido die beschriebene Entwicklung nicht immer tadellos durchmacht. Infolge der Überstärke einzelner Komponenten oder frühzeitiger Befriedigungserlebnisse kommt es zu Fixierungen der Libido an gewissen Stellen des Entwicklungsweges. Zu diesen Stellen strebt dann die Libido im Falle einer späteren Verdrängung zurück (Regression) und von ihnen aus wird auch der Durchbruch zum Symptom erfolgen. Eine spätere Einsicht fügte hinzu, daß die Lokalisation der Fixierungsstelle auch entscheidend ist für die Neurosenwahl, für die Form, in der die spätere Erkrankung auftritt.

 

Hemmung, Symptom, Angst

-        S 127

Aus all den erwähnten Beziehungen resultiert, was uns als der (sekundäre) Krankheitsgewinn der Neurose bekannt ist. Er kommt dem Bestreben des Ichs, sich das Symptom einzuverleiben, zu Hilfe und verstärkt die Fixierung des letzteren. Wenn wir dann den Versuch machen, dem Ich in seinem Kampf gegen das Symptom analytischen Beistand zu leisten, finden wir diese versöhnlichen Bindungen zwischen Ich und Symptom auf der Seite der Widerstände wirksam.

-        S 185

Das fixierende Moment an der Verdrängung ist also der Wiederholungszwang des unbewußten Es, der normalerweise nur durch die frei bewegliche Funktion des Ichs aufgehoben wird.

-        S 186

Daß dies der Hergang der Fixierung an die Verdrängung und der Erhaltung der nicht mehr aktuellen Gefahrsituation ist, findet seinen Erweis in der an sich bescheidenen, aber theoretisch kaum überschätzbaren Tatsache der analytischen Therapie. Wenn wir dem Ich in der Analyse die Hilfe leisten, die es in den Stand setzen kann, seine Verdrängungen aufzuheben, bekommt es seine Macht über das verdrängte Es wieder und kann die Triebregungen so ablaufen lassen, als ob die alten Gefahrsituationen nicht mehr bestünden.

-        S 202

Wenn solche Kinderphobien sich fixieren, stärken werden und bis in späte Lebensjahre anhalten, weist die Analyse nach, daß ihr Inhalt sich mit Triebansprüchen in Verbindung gesetzt hat, zur Vertretung auch innerer Gefahren geworden ist.

 

Die Frage der Laienanalyse

-        S. 238

Von den einzelnen Partialtrieben sind nicht alle für den Endausgang gleich brauchbar, sie müssen abgelenkt, umgemodelt, zum Teil unterdrückt werden. Eine so weitläufige Entwicklung wird nicht immer tadellos durchgemacht,es kommt zu Entwicklungshemmungen, partiellen Fixierungen auf frühen Entwicklungsstufen; wo sich später der Ausübung der Sexualfunktion Hindernisse entgegenstellen, weicht das sexuelle Streben — die Libido, wie wir sagen — gern auf solche frühere Fixierungsstellen zurück.


Psycho-Analysis

-        S 304

Die Sexualtriebe machen eine komplizierte Entwicklung durch, an deren Ende erst der „Primat der Genitalzonen" steht. Unterwegs stellen sich mehrere „prägenitale" Organisationen her, an denen sich die Libido „fixieren" kann und zu denen sie im Falle späterer Verdrängung zurückkehrt (Regression). Die infantilen Fixierungen der Libido treffen die Entscheidung über die spätere Wahl der Erkrankungsform. So erscheinen die Neurosen als Entwicklungshemmungen der Libido.

 

Fetischismus

-        S 314 f

So verdankt der Fuß oder Schuh seine Bevorzugung als Fetisch — oder ein Stück derselben — dem Umstand, dass die Neugierde des Knaben von unten, von den Beinen her nach dem weiblichen Genitale gespäht hat, Pelz und Samt fixieren — wie längst vermutet wurde — den Anblick der Genitalbehaarung, auf den der ersehnte des weiblichen Gliedes hätte folgen sollen; die so häufig zum Fetisch erkorenen Wäschestücke halten den Moment der Entkleidung fest, den letzten, in dem man das Weib noch für phallisch halten durfte.

 

Dostojewsky und die Vatertötung

-        S 410

Nun ist es gefährlich, wenn die Realität solche verdrängte Wünsche erfüllt. Die Phantasie ist Realität geworden, alle Abwehrmaßregeln werden nun verstärkt. Nun nehmen Dostojewskis Anfalle epileptischen Charakter an, sie bedeuten gewiß noch immer die strafweise Vateridentifizierung, sind aber fürchterlich geworden wie der schreckliche Tod des Vaters selbst. Welchen, insbesondere sexuellen, Inhalt sie dazu noch aufgenommen haben, entzieht sich dem Erraten. Eines ist merkwürdig: in der Aura des Anfalles wird ein Moment der höchsten Seligkeit erlebt, der sehr wohl den Triumph und die Befreiung bei der Todesnachricht fixiert haben kann, auf den dann sofort die um so grausamere Strafe folgte.


Das Unbehagen in der Kultur

-        S 443 f

Die Religion beeinträchtigt dieses Spiel der Auswahl und Anpassung, indem sie ihren Weg zum Glückserwerb und Leidensschutz allen in gleicher Weise aufdrängt. Ihre Technik besteht darin, den Wert des Lebens herabzudrücken und das Bild der realen Welt wahnhaft zu entstellen, was die Einschüchterung der Intelligenz zur Voraussetzung hat. Um diesen Preis, durch gewaltsame Fixierung eines psychischen Infantilismus und Einbeziehung in einen Massenwahn gelingt es der Religion, vielen Menschen die individuelle Neurose zu ersparen. Aber kaum mehr;

           

Über die weibliche Sexualität

-        S 518

Die präödipale Phase des Weibes rückt hiemit zu einer Bedeutung auf, die wir ihr bisher nicht zugeschrieben haben. Da sie für alle Fixierungen und Verdrängungen Raum hat, auf die wir die Entstehung der Neurosen zurückführen, scheint es erforderlich, die Allgemeinheit des Satzes, der Ödipuskomplex sei der Kern der Neurose, zurückzunehmen.

 

Band XV GW

 

Revision der Traumlehre

-        S 30 f

Unter bestimmten Verhältnissen kann der Traum seine Absicht nur sehr unvollkommen durchsetzen oder muß sie überhaupt aufgeben; die unbewußte Fixierung an ein Trauma scheint unter diesen Verhinderungen der Traumfunktion obenan zu stehen. Während der Schläfer träumen muß, weil der nächtliche Nachlaß der Verdrängung den Auftrieb der traumatischen Fixierung aktiv werden läßt, versagt die Leistung seiner Traumarbeit, die die Erinnerungsspuren der traumatischen Begebenheit in eine Wunscherfüllung umwandeln möchte. Unter diesen Verhältnissen ereignet es sich, daß man schlaflos wird, aus Angst vor dem Mißglücken der Traumfunktion auf den Schlaf verzichtet.

 

Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse

XXXII. Vorlesung, Angst und Triebleben

-        S 116 f

Theoretisch sind wir eigentlich im Zweifel, ob wir annehmen sollen, daß alle aus der Außenwelt zurückgekehrte Aggression vom Über-Ich gebunden und somit gegen das Ich gewendet werde, oder daß ein Teil von ihr seine stumme und unheimliche Tätigkeit als freier Destruktionstrieb im Ich und Es ausübe. Wahrscheinlicher ist eine solche Verteilung, doch wissen wir nichts weiter darüber. Bei der ersten Einsetzung des Über-Ichs ist gewiß zur Ausstattung dieser Instanz jenes Stück Aggression gegen die Eltern verwendet worden, dem das Kind infolge seiner Liebesfixierung wie der äußeren Schwierigkeiten keine Abfuhr nach außen schaffen konnte, und darum braucht die Strenge des Über-Ichs nicht einfach der Härte der Erziehung zu entsprechen. Es ist sehr wohl möglich, daß bei späteren Anlässen zur Unterdrückung der Aggression der Trieb denselben Weg nimmt, der ihm in jenem entscheidenden Zeitpunkte eröffnet wurde.  


XXXIII. Vorlesung, Die Weiblichkeit 

-        S 127

Sie müssen nämlich wissen, daß die Zahl der Frauen, die bis in späte Zeiten in der zärtlichen Abhängigkeit vom Vaterobjekt, ja noch vom realen Vater verbleiben, eine sehr große ist. An solchen Frauen mit intensiver und lang andauernder Vaterbindung haben wir überraschende Feststellungen gemacht. Wir wußten natürlich, daß es ein Vorstadium von Mutterbindung gegeben hatte, aber wir wußten nicht, daß es so inhaltsreich sein, so lang anhalten, so viel Anlässe zu Fixierungen und Dispositionen hinterlassen könne.

-        S. 138

Der Ödipuskomplex des Mädchens hat uns lange den Einblick in dessen präödipale Mutterbindung verhüllt, die doch so wichtig ist und so nachhaltige Fixierungen hinterläßt.

-        S140:

Regressionen zu den Fixierungen jener präödipalen Phasen ereignen sich sehr häufig; in manchen Lebensläufen kommt es zu einem wiederholten Alternieren von Zeiten, in denen die Männlichkeit oder die Weiblichkeit die Oberhand gewonnen hat. Ein Stück dessen, was wir Männer das „Rätsel des Weibes" heißen, leitet sich vielleicht von diesem Ausdruck der Bisexualität im weiblichen Leben ab.

 

XXXIV. Vorlesung , Aufklärungen, Anwendungen, Orientierungen

-        S 165

Die Erwartung, alles Neurotische heilen zu können, ist mir der Abkunft verdächtig von jenem Laien- glauben, daß die Neurosen etwas ganz Überflüssiges sind, was überhaupt kein Recht hat zu existieren. In Wahrheit sind sie schwere, konstitutionell fixierte Affektionen, die sich selten auf einige Ausbrüche beschränken, meist über lange Lebensperioden oder das ganze Leben anhalten.


Band XVI GW

 

Die endliche und die unendliche Analyse

-         S 64

Die Ätiologie aller neurotischen Störungen ist ja eine gemischte; es handelt sich entweder um überstarke, also gegen die Bändigung durch das Ich widerspenstige Triebe, oder um die Wirkung von frühzeitigen, d. h. vorzeitigen Traumen, deren ein unreifes Ich nicht Herr werden konnte. In der Regel um ein Zusammenwirken beider Momente, des konstitutionellen und des akzidentellen. Je stärker das erstere, desto eher wird ein Trauma zur Fixierung führen und eine Entwicklungsstörung zurücklassen; je stärker das Trauma, desto sicherer wird es seine Schädigung auch unter normalen Triebverhältnissen äußern.

-        S 73

Wenn unsere erste Beschreibung der Libidoentwicklung gelautet hat, eine ursprüngliche orale Phase mache der sadistisch-analen und diese der phallisch-genitalen Platz, so hat spätere Forschung dem nicht etwa widersprochen, sondern zur Korrektur hinzugefügt, daß diese Ersetzungen nicht plötzlich, sondern allmählich erfolgen, so daß jederzeit Stücke der früheren Organisation neben der neueren fortbestehen, und daß selbst bei normaler Entwicklung die Umwandlung nie vollständig geschieht, so daß noch in der endgültigen Gestaltung Reste der früheren Libidofixierungen erhalten bleiben können.

-        S 83

Jede Person verwendet natürlich nicht alle möglichen Abwehrmechanismen, sondern nur eine gewisse Auswahl von ihnen, aber diese fixieren sich im Ich, sie werden regelmäßige Reaktionsweisen des Charakters, die durchs ganze Leben wiederholt werden, so oft eine der ursprünglichen Situation ähnlich wiederkehrt. Damit werden sie zu Infantilismen, teilen das Schicksal so vieler Institutionen, die sich über die Zeit ihrer Brauchbarkeit hinaus zu erhalten streben.

 

Moses, sein Volk und die monotheistische Religion

II (Im Juni 1938)

C die Analogie:

-        S 180

Die Wirkungen des Traumas sind von zweierlei Art, positive und negative. Die ersteren sind Bemühungen, das Trauma wieder zur Geltung zu bringen, also das vergessene Erlebnis zu erinnern, oder noch besser, es real zu machen, eine Wiederholung davon von neuem zu erleben, wenn es auch nur eine frühere Affektbeziehung war, dieselbe in einer analogen Beziehung zu einer anderen Person neu Wiederaufleben zu lassen. Man faßt diese Bemühungen zusammen als Fixierung an das Trauma und als Wiederholungszwang.

-        S 181

Die negativen Reaktionen verfolgen das entgegengesetzte Ziel, daß von den vergessenen Traumen nichts erinnert und nichts wiederholt werden soll. Wir können sie als Abwehrreaktionen zusammenfassen. Ihr Hauptausdruck sind die sog. Vermeidungen, die sich zu Hemmungen und Phobien steigern können. Auch diese negativen Reaktionen leisten die stärksten Beiträge zur Prägung des Charakters; im Grunde sind sie ebenso Fixierungen an das Trauma wie ihre Gegner, nur sind es Fixierungen mit entgegengesetzter Tendenz.

S 182

-        Die Lebenshemmung und Lebensunfähigkeit der von einer Neurose beherrschten Personen ist ein in der menschlichen Gesellschaft sehr bedeutsamer Faktor, und man darf in ihr den direkten Ausdruck ihrer Fixierung an ein frühes Stück ihrer Vergangenheit erkennen.


Band XVII GW

 

Schriften aus dem Nachlass: Abriss der Psychoanalyse

I Teil: Die Natur des Psychischen

2/ Kapitel: Trieblehre

-        S 72

Mit der Einsetzung des Überichs werden ansehnliche Beträge des Aggressionstriebes im Innern des Ichs fixiert und wirken dort selbstzerstörend. Es ist eine der hygienischen Gefahren, die der Mensch auf seinem Weg zur Kulturentwicklung auf sich nimmt. Zurückhaltung von Aggression ist überhaupt ungesund, wirkt krankmachend (Kränkung).

-        S 72

Ein Anteil von Selbstzerstörung verbleibt unter allen Umständen im Inneren, bis es ihm endlich gelingt, das Individuum zu töten, vielleicht erst, wenn dessen Libido aufgebraucht oder unvorteilhaft fixiert ist. So kann man allgemein vermuten, das Individuum stirbt an seinen inneren Konflikten, die Art hingegen an ihrem erfolglosen Kampf gegen die Aussenwelt, wenn diese sich in einer Weise geändert hat, für die die von der Art erworbenen Anpassungen nicht zureichen.

-        S.73

Ein im Leben wichtiger Charakter ist die Beweglichkeit der Libido, die Leichtigkeit, mit der sie von einem Objekt auf andere Objekte übergeht. Im Gegensatz hiezu steht die Fixierung der Libido an bestimmte Objekte, die oft durchs Leben anhält.

3/ Kapitel: Die Entwicklung der Sexualfunktion

-        S 75

Es hat sich gezeigt, dass es im frühen Kindesalter Anzeichen von körperlicher Tätigkeit gibt, denen nur ein altes Vorurteil den Namen sexuell verweigern konnte und die mit psychischen Phänomenen verbunden sind, die wir später im erwachsenen Liebesleben finden, wie etwa die Fixierung an bestimmte Objekte, Eifersucht usw.

-        S 77 f

Die Hemmungen in seiner Entwicklung geben sich als die mannigfachen Störungen des Sexuallebens kund. Es sind dann Fixierungen der Libido an Zustände früherer Phasen vorhanden, deren vom normalen Sexualziel unabhängige Strebung als Perversion bezeichnet wird. Eine solche Entwicklungshemmung ist z.B. die Homosexualität, wenn sie manifest ist.

-        S 78

Die Analyse weist nach, dass eine homosexuelle Objektbindung in allen Fällen vorhanden war und in den meisten auch latent erhalten geblieben ist. Die Verhältnisse werden dadurch kompliziert, dass in der Regel die zur Herstellung des normalen Ausgangs erforderten Vorgänge sich nicht etwa vollziehen oder ausbleiben, sondern dass sie sich partiell vollziehen, so dass die Endgestaltung von diesen quantitativen Relationen abhängig bleibt. Die genitale Organisation ist dann zwar erreicht, aber geschwächt um die Anteile der Libido, die sie nicht mitgemacht haben und an prägenitale Objekte und Ziele fixiert geblieben sind. Diese Schwächung zeigt sich in der Neigung der Libido, im Falle von genitaler Nichtbefriedigung oder realer Schwierigkeiten in die früheren prägenitalen Besetzungen zurückzukehren

(Regression).

4/ Kapitel: Psychische Qualitäten:

-        S 82

Wenn wir diesen Versuch bei einem anderen Individuum machen, dürfen wir nicht vergessen, dass die bewusste Ausfüllung seiner Wahrnehmungslücke, die Konstruktion die wir ihm geben, noch nicht bedeutet, dass wir den betreffenden unbewussten Inhalt bei ihm bewusst gemacht haben. Sondern dieser Inhalt ist zunächst bei ihm in zweifacher Fixierung vorhanden, einmal in der von ihm vernommenen bewussten Rekonstruktion und ausserdem in seinem ursprünglichen unbewussten Zustand. Unserer fortgesetzten Bemühung gelingt es dann zumeist, dass dies Unbewusste ihm selbst bewusst wird, wodurch die beiden Fixierungen zusammenfallen.

 

II. Teil: Die praktische Aufgabe

7/ Kapitel: Eine Probe Psychoanalytischer Arbeit

-        S 118

Die Männlichkeit des Knaben zieht sich gleichsam in eine Trotzeinstellung zum Vater zurück, die sein späteres Verhalten in der menschlichen Gemeinschaft zwangsmässig beherrschen wird. Als Rest der erotischen Fixierung an die Mutter stellt sich oft eine übergrosse Abhängigkeit von ihr her, die sich später als Hörigkeit gegen das Weib fortsetzen wird.

-        S 118

Wenn der somatische Prozess der sexuellen Reifung die alten anscheinend überwundenen Libidofixierungen neu belebt, wird sich das Sexualleben gehemmt erweisen, uneinheitlich, in einander widerstreitende Strebungen zerfallen.

 

Ergebnisse, Ideen, Probleme (London, Juni 1938)

-        S 152

3.VIII. Letzter Grund aller intellektuellen und Arbeitshemmungen scheint die Hemmung der kindlichen Onanie zu sein. Aber vielleicht geht es tiefer, nicht deren Hemmung durch äussere Einflüsse, sondern deren unbefriedigende Natur an sich. Es fehlt immer etwas zur vollen Entlastung und Befriedigung — en attendant toujours quelque chose qui ne venait point — und dieses fehlende Stück, die Reaktion des Orgasmus, äussert sich in Aequivalenten auf anderen Gebieten, Absencen, Ausbrüchen von Lachen, Weinen (Xy), und vielleicht anderem. — Die infantile Sexualität hat hier wieder einmal ein Vorbild fixiert.


[1] Möglicherweise ist die Erhöhung der Haftbarkeit auch der Erfolg einer besonders intensiven somatischen Sexualäußerung früherer Jahre.

Keine Nummer?

els van compernolle